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Seltene Ansichten. Vor allem historische Fotos kauft der Förderverein für das Potsdam Museum an – jetzt bekam die Einrichtung eine Sammlung von Postkarten aus dem Jahre 1880. Zu sehen ist hier ein Blick vom Brauhausberg.

© Potsdam Museum

Landeshauptstadt: „Wir haben uns nur einen Tag geärgert“

Markus Wicke, Chef des Potsdam-Museum-Fördervereins, über die lange Standortsuche, das zehnjährige Vereinsjubiläum und Plattners Kunstmuseum im Palast Barberini

Stand:

Herr Wicke, der Förderverein für das Potsdam Museum wird zehn Jahre alt. Das Museum sitzt jetzt im Alten Rathaus, obwohl das nicht Ihr Standortfavorit war. Feiern Sie trotzdem?

Ja, natürlich. Das Alte Rathaus war nicht Favorit, aber dieser Vorschlag stammte ebenso von uns wie das Brockessche Haus und die Große Stadtschule in der Friedrich-Ebert-Straße. Ich persönlich war vom Brockesschen Haus überzeugt, weil man einen Neubau dahintersetzen wollte. Das hätte für die Nutzung vieles vereinfacht, was heute in einem Altbau schwierig ist. Aber über die Entscheidung damals haben wir uns nur einen Tag geärgert – jetzt haben wir mit dem Alten Rathaus einen tollen Standort.

Trotz aller Probleme? Als das Haus dort vor eineinhalb Jahren eröffnete, hieß es, die Türen seien zu schwergängig, die Klimageräte zu laut und auch die von der Künstlerin Hedwig Bollhagen gestalteten Säulen waren überstrichen worden.

Natürlich gab es die üblichen Probleme bei einem öffentlichen Bau, aber das Haus funktioniert jetzt und wird super angenommen. Meines Wissens wurden die Türen teils nachjustiert, und der Kommunale Immobilienservice, der KIS, reagierte damals schnell und legte die Bollhagensäulen frei, das hat dem Haus gutgetan. Das Café ist nun auch da, das ist sehr wichtig.

Dann gab es noch den Streit um das Treppenhaus, das nach Ihrer Ansicht den Blick auf das Landtagsschloss beeinträchtigt.

Wir haben ja die Debatte angeschoben, aber hauptsächlich weil da etwas eingebaut wurde, wofür es keine Abstimmung mit dem Nutzer und keine gültige Baugenehmigung gab. Das geht so nicht. Nun wird das Gitter ausgebaut und das Treppenhaus neu gestaltet. Wann, das hängt vom KIS ab. Natürlich sind wir damit zufrieden – aber uns hätte als Kompromiss auch eine Änderung genügt. Doch das wollte der Architekt nicht.

Dass die Debatte um das Treppenhaus vom Förderverein geführt wurde, lässt tief blicken. Nicht wenige in der Stadt identifizieren den Förderverein inzwischen mit dem Museum.

Natürlich ist ein Museum mit einem Förderverein stärker als eines ohne. Wir freuen uns, dass das Haus – auch durch unsere Arbeit – heute eine andere Wahrnehmung genießt als noch vor wenigen Jahren, als die Einrichtung in der Benkertstraße ein Schattendasein fristete.

Neben der Lobbyarbeit sammelt der Verein vor allem Spenden und nimmt Schenkungen, etwa aus Nachlässen, an. Haben Sie mal nachgerechnet, wie viel da in den zehn Jahren zusammengekommen ist?

Leider noch nicht. Aber ich schätze, dass wir insgesamt rund 175 000 Euro – an Geld und Sachwerten – eingenommen haben, die komplett an das Museum gegangen sind.

Welches waren die wichtigsten Ankäufe?

Im Bereich Fotografie sicherlich die Sammlung des Ateliers Eichgrün – 1300 Glasplattennegative mit historischen Stadtansichten. Überhaupt ist die Fotografie ein Schwerpunkt unserer Sammlertätigkeit, denn wir merken auch an den Reaktionen der Besucher immer wieder, wie wichtig die Fotografie für die Identität einer Stadt ist. Wir haben daher auch ein Foto aus der Zeit der großen Hausbesetzungen in Potsdam nach der Wende gekauft. Die Sammlung mit Dokumenten jüngerer Zeitgeschichte zu ergänzen ist uns wichtig.

In zwei Jahren wird vis-à-vis vom Potsdam Museum das von Hasso Plattner gestiftete Kunstmuseum im wiederaufgebauten Palast Barberini eröffnen. Haben Sie Angst vor der Konkurrenz?

Nein, im Gegenteil. Ich finde es großartig, dass wir so ein fantastisches Haus in der Nachbarschaft haben werden. Das wertet den Kulturstandort insgesamt auf. Zwischen dem Sammlungsdirektor Peter Joch vom Palast Barberini und Museumsdirektorin Jutta Götzmann gibt es schon jetzt eine gute Kooperation und viele Ideen. Zum Beispiel ist ein Kombiticket für beide Häuser im Gespräch. Ich würde mir sogar wünschen, dass noch mehr Kultureinrichtungen an den Alten Markt ziehen.

Arbeit im Förderverein – dafür muss man auch ein Stück Idealismus mitbringen. Aus welchen Bevölkerungsschichten kommen Ihre Mitglieder?

Aus allen Berufs- und auch Altersgruppen. Das jüngste Mitglied ist 25, das älteste 90 Jahre alt. Wir sind kein elitärer Verein, jeder kann mitmachen. Wir haben auch eine gute Mischung aus Neupotsdamern und Alteingesessenen. Angefangen haben wir vor zehn Jahren mit 20 Mitgliedern, eines der ersten war übrigens Hans-Joachim Giersberg. Heute sind wir 160, seit dem Umzug an den Alten Markt bekommen wir fast wöchentlich Mitgliedsanträge.

Welche Projekte stehen in diesem Jahr auf dem Programm?

Derzeit werten wir den Nachlass des Malers Heinrich Basedows d.J. aus, den wir als Schenkung bekommen haben und den wir bald dem Museum übergeben werden. Basedow hat bis Kriegsende in Potsdam gelebt, zwei Bilder von ihm hängen bereits im Museum. Im Dezember werden wir des 1. Todestags von Roger Drescher gedenken, der vor allem mit seinen Fotografien aus der Kulturszene des Café Heider bekannt wurde. Und für 2015 bereiten wir eine Ausstellung zu Walter Bullert vor, einem Potsdamer Bildhauer, der unter anderem den Schriftzug „Kultur ist jeder zweite Herzschlag unseres Lebens“ aus Metall geschaffen hat. Dieses Zitat von Hans Marchwitza hing früher im Foyer des Alten Rathauses.

Das Museum hat ein neues Domizil, die Gestaltungsprobleme werden gelöst – gibt es für Sie überhaupt noch etwas zu tun?

Ja. Wir wünschen uns weiterhin eine gesicherte Museums-Finanzierung. Für die zwei Standorte des Depots, auf Hermannswerder und Groß Glienicke, bräuchten wir allerdings mehr Mittel für eine bessere Infrastruktur, Regalsysteme, Klimatisierung, eine insgesamt bessere Lagerung der Objekte. Das müsste alles auf einen modernen Standard gebracht werden. Die Stadt muss da in den kommenden Jahren investieren, um diese Kulturgüter, die uns allen gehören, besser zu erhalten.

Die Fragen stellte Steffi Pyanoe

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