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Von Michael Meyer: „Wir können Geschichte schreiben“

Anja Mittag will mit Turbine Potsdam in das DFB-Pokal-Endspiel am 30. Mai in Berlin – dazu muss ihre Elf am Sonntag zunächst beim Zweitligisten Sindelfingen gewinnen

Stand:

Für Anja Mittag läuft die aktuelle Fußball-Saison bisher recht gut. Die Stürmerin des FFC Turbine Potsdam kann am 25. Februar in Bielefeld gegen China und ab 2. März beim Algarve-Cup in Portugal ihre Bilanz von bisher 51 A-Länderspielen mit sechs Toren weiter erhöhen, liegt in der aktuellen Torschützenliste der Frauen- Bundesliga mit zehn Treffern nur hauchdünn hinter Spitzenreiterin Inka Grings (Duisburg/11) auf Platz zwei, kämpft mit Turbine in der Meisterschaft noch um Platz zwei – der im nächsten Spieljahr für die UEFA-Cup-Teilnahme reichen würde – und hat noch die Chance auf das DFB-Pokal-Endspiel am 30. Mai im Berliner Olympiastadion.

Auf dem Weg ins Pokalfinale muss Turbine am Sonntag aber erst einmal den VfL Sindelfingen aus dem Weg räumen, den Spitzenreiter der 2. Bundesliga Süd. „Das wird ein hartes Stück Arbeit werden, denn Sindelfingen steht nicht umsonst dort oben“, ahnt Anja Mittag. „Aber wir werden nicht den Fehler machen, den Zweitligisten zu unterschätzen.“ Die Mannschaft werde alles geben, um ins Halbfinale zu kommen, in dem am 13. April Zweitligist SG Wattenscheid 09 Gast Potsdams – oder Sindelfingens – sein wird. „Die Chance, ins Endspiel zu kommen, ist groß, und entsprechend groß ist unsere Motivation“, erklärt die 23-Jährige. „Und da das Frauen-Finale letztmals in Berlin stattfinden soll, können wir Geschichte schreiben, wenn wir erneut dort auflaufen – und vielleicht auch wieder gewinnen.“ Turbine war schon 2004, 2005 und 2006 im Olympia-Stadion DFB-Pokalsieger geworden.

Gegen den Beschluss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ab 2010 die DFB-Pokal-Endspiele der Frauen und Männer räumlich und zeitlich zu trennen, regt sich mittlerweile allerdings Widerstand – mit angeführt von Turbine-Chefcoach Bernd Schröder. Vor einer gestrigen DFB-Tagung in Frankfurt (Main), in der es auch um den Pokal ging, hatte er Brandbriefe an alle Erstliga-Vereine geschickt. Inhalt: Das Frauen-Endspiel sollte weiterhin in Berlin ausgetragen werden. Schröder: „Wir haben in dem Brief unsere Argumente pro Berlin dargelegt, denn es ist wichtig, dass möglichst alle Vereine eine einheitliche Meinung dazu haben.“ Gestern in Frankfurt – wo Turbine durch Geschäftsführer Mathias Morack und Vizepräsident Rolf Kutzmutz vertreten war – bekräftigte der DFB, die Finals 2010 und 2011 woanders auszutragen; Orte stehen noch nicht fest. „Nun gibt es aber die Option, dass die Frauen-Bundesligisten 2012 entscheiden können, ob sie ihre Endspiele wieder in Berlin austragen wollen“, so Morack nach der Tagung.

Zunächst also bleibt der diesjährige Cup-Wettstreit die letzte Möglichkeit, ins Berliner Olympiastadion zu kommen. „Die Chance dazu ist groß, aber im Pokal ist vieles möglich. Wir müssen aufpassen, dass wir am Sonntag nicht überrascht werden. Der Druck ist groß. Wir haben durchaus Respekt, und ich mache mir schon einige Gedanken“, verrät der Coach. Zumal seine Mannschaft morgen nicht optimal vorbereitet nach Stuttgart fliegen und von dort weiterreisen kann. Nach dem erneuten Sieg im DFB-Hallencup fielen Babett Peter, Viola Odebrecht und Isabel Kerschowski mit Erkältungen sowie Gaelle Thalmann mit einer Bindehautentzündung aus. Nur Odebrecht und Peter trainieren mittlerweile wieder mit – gehandicapt wie die ganze Truppe. „Unser Platz im Luftschiffhafen ist total vereist, der Kunstrasen dort wird noch überarbeitet“, erläutert Schröder. „Zum Glück hilft uns die SG Bornim zeitweise mit ihrem Kunstrasenplatz aus. Wir haben ansonsten in der Halle trainiert und sind gelaufen.“

VfL-Coach Nikolaos Koutroubis klagte gestern ebenfalls über schlechte Trainingsbedingungen seiner Mannschaft, die noch ohne Niederlage und mit 27:6 Toren die Tabelle der 2. Liga Süd anführt: „Wir haben hier keinen Kunstrasen, so dass wir fast nur im Wald trainieren und wenig mit dem Ball machen können.“ Gleichwohl freue sich Sindelfingen auf die Partie „gegen eine der besten deutschen Mannschaften“, so der 40-Jährige. „Wir haben normalerweise keine Chance gegen Turbine, aber wir wollen alles versuchen, um vielleicht doch eine Sensation zu schaffen.“ Normalerweise kommen 150 bis 200 Zuschauer zu den Punktspielen ins Floschenstadion; für die Partie am Sonntag, die derzeit witterungsbedingt nicht gefährdet sein soll, werden bis zu 1000 Besucher erwartet. Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger – bekennender Turbine-Fan – hat sich mit Ehefrau Inge und Freunden angekündigt.

Koutroubis, der 2005/06 Sindelfingen und im Jahr darauf Crailsheim als Coach aus der 2. in die 1. Bundesliga geführt hatte, trainiert den VfL erneut seit letztem Sommer und ist drauf und dran, seine einstigen Erfolge zu wiederholen. Er habe Potsdam mehrmals beobachtet, zuletzt im Punktspiel bei Bayern München (1:2), „wo Turbine klar besser war und die größeren Chancen hatte, die aber nicht nutzte“, meint Koutroubis. Darauf hofft er auch am kommenden Sonntag; schließlich sei „die Defensive unser Prunkstück“.

Turbine spornt dies eher an – auch Anja Mittag, die mit drei Toren in zwei Spielen treffsicherste Potsdamerin auch in der bisherigen DFB-Pokalsaison ist.

Anpfiff ist am Sonntag um 14 Uhr.

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