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Sport: „Wir sehen dieses Damoklesschwert“

Der SC Potsdam eröffnet am Samstag mit dem Heimspiel gegen den VCO Berlin offiziell das neue Spieljahr der 1. Volleyball-Bundesliga. SC-Trainer Michael Merten spricht hier über seine Mannschaft (Fotos) und über die bevorstehende Saison

Stand:

Herr Merten, wie ungeduldig sind die von Ihnen trainierten Volleyballerinnen des SC Potsdam vor der bevorstehenden Erstliga- Saison?

Alle sind heiß auf die erste Möglichkeit, wieder um Punkte zu spielen. Wir haben der Mannschaft über das Wochenende nochmal trainingsfrei gegeben, ehe heute früh um acht mit Krafttraining die letzte Vorbereitungswoche begann. Nun geht es darum, den Spannungsbogen noch ein bisschen zu erhöhen, um am Samstag eine möglichst optimale Leistung zu erreichen.

Der SC empfängt am Samstag um 18 Uhr das Zurich Team VCO Berlin zum offiziellen Eröffnungsspiel der Liga. Ist der Druck auf die Mannschaft dadurch noch größer als in anderen Partien?

Der Druck ist hoch, aber nicht wegen der offiziellen Meisterschaftseröffnung, sondern weil wir uns in diesem Spiel schon in einer leichten Favoritenrolle befinden. Ich schätze das diesjährige VCO-Team, gegen das wir ein Trainingsspiel vor einigen Wochen mit 2:1 gewannen, als einen starken Jahrgang ein.

Was wird nun zum Auftakt für Potsdam möglich sein?

Ich hoffe auf einen Sieg. Wir werden uns sehr gründlich vorbereiten und ich denke, dass wir am Samstag mit einer guten Leistung auch ein positives Resultat erreichen können.

Wegen der gerade beendeten Weltmeisterschaft in Japan beginnt die neue Bundesliga-Saison erst am kommenden Wochenende. Ist das zu spät?

Die momentane Lösung ist schon die optimale. Bei der WM vor vier Jahren gab es erst ein paar Ligaspiele und dann sechs Wochen Pause – das war weitaus schlechter, weil die Saison so total zerrissen war.

Aber jetzt gibt es durch einen engen Zeitplan zahlreiche Spiele mitten in der Woche.

Wir hatten dabei Glück, denn von unseren fünf Auswärtsspielen unter der Woche haben wir nur eins mit weiter Anreise – nach Sinsheim, wohin wir mit guten Erinnerungen fahren werden. Dort haben wir in der vergangenen Saison 3:2 gewonnen. Andere Klubs haben durch die Mittwochspiele größere Probleme.

Geht Ihre Mannschaft gut vorbereitet ins neue Spieljahr?

Ich denke schon. Wir haben im athletischen Bereich und auch in spielerischer Hinsicht Fortschritte gemacht. Rein menschlich stimmt es ebenfalls.

Wobei Sie in der Saisonvorbereitung auch neue Wege gingen.

Stimmt. Wir haben beispielsweise in der vergangenen Woche einen theoretischen Regeltest gemacht. Dabei mussten die Spielerinnen und wir Trainer schriftlich Fragen unseres Bundesliga-Schiedsrichters Robert Ließ beantworten, die durchaus anspruchsvoll waren. Ich hatte so etwas schon seit längerem vor und habe das jetzt erstmals mit einer Mannschaft gemacht, denn die Regeln sind ein generelles Ausbildungsmanko im deutschen Volleyball. Am Dienstag ist Auswertung, und Robert hat schon durchblicken lassen, dass er mit dem Gesamtresultat ganz zufrieden ist. In der athletischen Vorbereitung haben wir mit zweimaligem Training pro Woche bei Heinz Rieger größeres Gewicht auf den Leichtathletik-Aspekt gelegt – das werden wir in der Saison so fortführen, denn es sind schon Fortschritte zu spüren. Und der Teambildung dienen Mannschaftsessen einmal monatlich, für die immer drei bis vier Spielerinnen gemeinsam kochen.

Patricia Grohmann ist seit einem knappen Monat wieder im Mannschaftstraining, da sie vorher bei der WM-Vorbereitung der Nationalmannschaft weilte. Hätten Sie sie lieber in Japan als hier in Potsdam gesehen?

Japan hätte ihr und uns vor allem etwas gebracht, wenn sie dort auch möglichst viel gespielt hätte. So hat sie bei uns in den Testpartien Spielpraxis sammeln können. Wir sind im Übrigen absolut stolz auf Patricias Entwicklung, und sie ist ja auch nur ganz knapp aus dem WM-Kader gerutscht.

Wie geht es Chantal Laboureur, die zuletzt mit Verletzungen zu kämpfen hatte?

Sie ist seit einigen Tagen beschwerdefrei und hat ihre Knie- und Bauchmuskelprobleme in den Griff bekommen. Auch durch einige Tage in Paderborn bei den Physiotherapeuten der Nationalmannschaft, die sie als Beach-Nationalspielerin in Anspruch nehmen konnte. Wir sind guter Dinge, dass sie am Wochenende hundertprozentig einsatzfähig ist.

Welchen Status haben Susanne Langer und Charlene Spieß als sogenannte Stand-by-Spielerinnen?

Sie sind Ergänzungsspielerinnen, die die Spielberechtigung für uns haben und mittrainieren, wenn es ihnen möglich ist, um im Notfall da zu sein. In erster Linie werden wir die Partien aber mit den anderen elf Spielerinnen bestreiten.

Das sind drei weniger als in der vergangenen Saison - zu wenig, falls es längere Verletzungsausfälle geben sollte?

Wir sehen durchaus dieses Damoklesschwert, das über uns hängen wird. Aber entsprechend unseren finanziellen Möglichkeiten haben wir mehr auf Qualität als auf Quantität geachtet. Gerade durch die zahlreichen Mittwoch-Spiele ist die Belastung und damit das Verletzungsrisiko groß. Wir wissen das und hätten auch gern ein, zwei Spielerinnen mehr. Die Finanzen des Vereins lassen dies aber nicht zu.

Wie lange könnte der SC im Ernstfall personell nachrüsten?

Bis Ende Januar. Durch die WM ist die Transferfrist, die sonst Ende Dezember endet, um einen Monat verlängert worden.

Nach der WM werden sich sicher international gute Spielerinnen in der deutschen Bundesliga anbieten, oder?

Und ob. In Deutschland wird zwar nicht das meiste gezahlt, dafür aber relativ sicher, deshalb ist die Bundesliga eine gute Adresse. Sinsheim hat sich bereits zwei Kanadierinnen geholt, Wiesbaden ist an mehreren Ausländerinnen dran. Auch Aachen, Suhl und Hamburg wurden schon auf dem internationalen Spielermarkt tätig.

Und Potsdam?

Kontakte zu Spielerinnen wären durchaus da, aber wir haben kein Geld dafür.

Während im Sommer Sandra Landvoigt aufhörte und Frauke Formazin sowie Alina Fröhlich gingen, kamen Libera Lisa Rühl aus Hamburg und Mittelblockerin Melanie Iwansky aus Stuttgart neu in Ihre Mannschaft. Wie machen sie sich?

Sie sind beide sehr positive Charaktere, sehr trainingsfleißig und auch athletisch stark. Mit ihnen haben wir uns auf beiden Positionen verbessert.

Wie stark schätzen Sie Ihre Mannschaft im Vergleich zur letzten Jahr ein?

Wir sind spielerisch stärker, was aber auch notwendig ist, weil die ganze Liga noch stärker sein wird.

Wie heißt Ihr Saisonziel?

Wieder Klassenerhalt. Dazu müssen wir, um ganz sicher zu sein, Elfter werden, da die Liga in diesem Jahr von 16 auf 14 Teams reduziert wird. Weil Leverkusen als Meister der zweiten Liga Nord auf den Aufstieg verzichtete, gibt es aber nur drei statt vier Absteiger.

Wer ist für Sie Favorit für den Meistertitel?

Vor allem Schwerin, aber auch Dresden und Stuttgart, während Wiesbaden und Suhl ein bisschen die großen Unbekannten sind. Mal sehen, wer sich für die Playoffs der ersten vier Mannschaften qualifiziert. Ab 2011/12 spielen dann die ersten acht Mannschaften die Playoffs, und das soll auch unser Ziel für die übernächste Saison sein.

Das Interview führte Michael Meyer

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