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Geschafft. Jennifer Zietz nach Potsdams Einzug ins DFB-Pokalfinale 2009.

© Thomas

Sport: „Wir sind eine Einheit“

Turbine Potsdams Kapitän Jennifer Zietz über das DFB-Pokalfinale heute im Berliner Olympiastadion gegen den FCR Duisburg, ihre Erinnerungen an frühere Endspiele und die Stärken ihrer Mannschaft

Stand:

Im Berliner Olympiastadion bestreiten heute Nachmittag der FFC Turbine Potsdam und der FCR Duisburg das diesjährige Endspiel um den DFB-Vereinspokal der Fußballfrauen. Beide Vereine stehen sich dabei erstmals gegenüber. Die Potsdamerinnen werden um kurz vor halb vier von Jennifer Zietz auf das Spielfeld geführt. Die 25-Jährige schnürt seit 1998 für Turbine die Töppen und ist seit 2007 Kapitän der Potsdamer Bundesliga- Mannschaft.

Jennifer Zietz, klopft schon das Herz, wenn Sie daran denken, am Samstagnachmittag vor großer Kulisse und Millionen Fernsehzuschauern beim Wimpeltausch und bei der Seitenwahl als Kapitän direkt im Rampenlicht zu stehen?

Nein, das glaube ich nicht. Ich werde wohl eher ungeduldig darauf warten, dass das Spiel endlich angepfiffen wird.

Ich möchte Ihnen eine Spielszene beschreiben: Eine Spielerin dribbelt sich vier Minuten nach Anpfiff der zweiten Halbzeit von halblinks in die Mitte, fasst sich dort ein Herz und schiebt den Ball flach in die rechte Torecke. Kommt Ihnen diese Szene bekannt vor?

Na klar, das war mein Tor zum 2:0 in unserem ersten Pokalfinale vor fünf Jahren. So etwas vergisst man nicht. Das war schon ein besonderes Highlight für mich. Ich hatte gerade mein Abitur bestanden und mich wahnsinnig auf dieses Endspiel gefreut. Wir waren alle begeistert, endlich im Berliner Olympiastadion zu spielen.

Denken Sie kurz vor Turbine Potsdams viertem Pokalfinale am Samstag mitunter an frühere Endspiele?

Natürlich. Es war jedesmal etwas Besonderes, mit Turbine in diesem Stadion zu spielen. Da kommen schon immer mal wieder Erinnerungen hoch.

Welche denn?

Beispielsweise an dieses Wahnsinnsgefühl, wenn man mit dem Mannschaftsbus in Berlin anreist, begleitet von einer Polizeieskorte. Die vielen Fans, die ins Olympiastadion strömen und zum Teil schon vor dem Stadion Party machen, verbreiteten eine unwahrscheinliche Stimmung. Da kribbelt es immer schon ungemein in den Beinen und du willst eigentlich nur noch losgelassen werden.

Sie selbst und Anja Mittag erleben nun bereits das vierte Pokal-Endspiel mit Potsdam, außerdem spielten von Ihrer jetzigen Mannschaft noch Aferdita Podvorica, Babett Peter und Isabel Kerschowski im Finale 2006 mit. Bereiten Sie die insgesamt sehr junge Mannschaft schon ein bisschen auf die besondere Atmosphäre im Olympiastadion vor?

Wir haben uns bereits auf der Rückfahrt vom Bundesligaspiel in Frankfurt im Bus eine DVD mit einem Zusammenschnitt unserer letzten Pokalendspiele angeguckt. Da wirkte die eine oder andere junge Spielerin schon ein bisschen überrascht und wir haben den Mädchen gesagt, dass das gar nicht so schlimm ist. Wenn man aufs Spielfeld aufläuft, bekommt man zwar noch die Anfeuerungsrufe der Fans mit. Aber sobald das Spiel angepfiffen wird, konzentriert man sich ganz auf das Geschehen auf dem Platz und läuft von ganz alleine – getragen von der Euphorie in diesem Stadion.

Berlin wird an diesem Samstag zumindest für die nächsten Jahre letztmals gemeinsamer Austragungsort des Frauen- und Männer-Endspiels sein.

Ja, leider.

Warum leider?

Bisher gab es, wenn man das Halbfinale gewonnen hatte, immer diesen schönen Schlachtruf: Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Es ist halt auch für uns Frauen eine schöne Tradition, dort um den Pokal zu spielen. Wir waren auch schon bei anderen Spielen als Zuschauer im Olympiastadion, und dann hofft man, mal wieder selbst dort unten zeigen zu können, was man kann. Wir sind schon ein bisschen traurig darüber, dass die Endspiele künftig woanders stattfinden werden, zumal wir Potsdamerinnen in Berlin vor der eigenen Haustür auflaufen können. Das war und ist für uns auch immer ein bisschen wie ein Heimspiel.

Wie ist die Stimmung im Turbine-Team kurz vor dem Endspiel?

Bestens. Wir sind total heiß auf die Partie. Jede von uns hat ein Lächeln im Gesicht, wenn sie an den Samstag denkt, und freut sich darauf, dass das Finale nun wirklich bald angepfiffen wird.

Wie schätzen Sie Ihren diesjährigen Endspiel-Kontrahenten ein?

Das ist ein ganz anderer Gegner als der FFC Frankfurt, gegen den wir die bisherigen Finals bestritten haben. Mit Duisburg und uns stehen sich zwei meiner Meinung nach sehr spielstarke Mannschaften gegenüber.

In dieser Bundesliga-Saison hat Potsdam gegen den FCR nicht verloren. Wird das nun im Pokalfinale ebenso bleiben?

Ich hoffe es. Aber Pokal- und Ligaspiele sind immer zwei paar Schuhe. Das wird jetzt eine ganz andere Aufgabe werden als unser Heimspiel, in dem wir aus einem 0:2 noch ein 2:2 machten, und als unser 3:0-Auswärtssieg im März in Duisburg. Daher werden wir auch nicht den Fehler machen und den Gegner vielleicht unterschätzen. Im Gegenteil. Wir wurden von unseren Trainern gründlich auf diese Partie vorbereitet und haben den unbedingten Willen, am Samstagabend mit dem Pokal nach Hause zu fahren. Dafür will jede von uns ihr Bestes tun.

Auf welche Duisburger Spielerinnen werden Sie denn besonders achten müssen?

Der FCR ist eine sehr gute Mannschaft. Er hat beispielsweise Inka Grings in seinen Reihen, die die diesjährige Bundesliga-Torschützenliste anführt, dazu Linda Bresonik, Lira Bajramaj, Simone Laudehr, Annike Krahn und Sonja Fuss. Das sind erfahrene Nationalspielerinnen.

Und was zeichnet Turbine Potsdam 2009 aus?

Wir haben auch mehrere Nationalspielerinnen. Vor allem junge, die auf dem Weg nach oben sind und sich jetzt gegen eine Mannschaft wie Duisburg beweisen wollen. Und: Wir sind eine Einheit. Egal, wer auf dem Platz steht – wir alle wissen, worum es geht, haben das gleiche Ziel und wollen das Finale als Einheit genießen.

Nach Potsdams erstem Pokalsieg vor fünf Jahren sagte Ihre damalige Spielführerin Ariane Hingst über Jennifer Zietz: Sie ist unser Küken und ein Laufwunder. Jetzt sind Sie mit 25 Jahren Turbines Kapitän. Wie sehen Sie sich selbst heute?

Das Küken bin ich längst nicht mehr. Im Gegenteil: Manchmal fühle ich mich schon ganz schön alt in unserer jungen Truppe. Als Kapitän versuche ich, immer voranzugehen, ein positives Beispiel zu sein und die Mannschaft gerade auch in schlechten Zeiten mitzureißen.

Und werden Sie am Samstag wieder ein Pokal-Endspiel-Tor schießen?

Es wäre schön, aber letztendlich ist egal, wer von uns trifft. Wichtig ist für uns nur, dass wir am Ende mit dem Pokal im Bus sitzen und nach Potsdam zurückkommen.

Das Interview

führte Michael Meyer.

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