Landeshauptstadt: „Wir sind es den Opfern schuldig“
Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Faschismus am 27. Januar / Erstes Geld für Stolpersteine
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Innenstadt - Als Sowjetsoldaten am 27. Januar 1945 die Tore des Vernichtungslagers Auschwitz öffneten, gab es nur noch einige Tausend Überlebende von 1,5 Millionen dort internierter Menschen. Auf Anregung des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wurde 1996 der 27. Januar zum Nationalen Gedenktag erklärt, um an all die zu erinnern, für die die Rettung zu spät kam.
„Wir müssen deutlich wahrnehmbare Zeichen gegen das Vergessen setzen und die Verdrängung des systematischen Mords an Millionen Menschen“, sagte der Vorsitzende der Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“, Claus Peter Ladner gestern bei der Gedenkveranstaltung anlässlich des 63. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz. Oberbürgermeister Jann Jakobs, Vertreter von Parteien, aber auch Privatleute legten Kränze am Mahnmal „Das Opfer“ im Hof der Gedenkstätte nieder. Gegen das Vergessen anzugehen und nicht still hinzunehmen, dass „erneut Keime von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gelegt werden“, sei das Mindeste, was im Andenken an die Opfer getan werden könne, so Ladner. Er verwies darauf, dass die Unterrichtskapazität der Schülerprojektwerkstatt, die sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinandersetzt, erhöht werden soll. Im Zuge der Restaurierung des städtischen Gebäudekomplexes Lindenstraße 54, der zu DDR-Zeiten zum Stasi-Gefängnis umfunktioniert worden war und seit 1995 als Gedenkstätte dient, sollen die Räume für das Schülerprojekt erweitert werden. „Wir möchten, dass möglichst jede Schule im Land Brandenburg eine Unterrichtsstunde gegen das Vergessen hier abhalten kann“, so Ladner. Er sollen zu den beiden schon jetzt nutzbaren Räumen noch zwei bis drei hinzukommen. Im vergangene Jahr konnten bereits über 3000 Schüler mit den Gräueln der Vergangenheit bekannt gemacht werden.
Auch Potsdams Oberbürgermeister unterstrich diese Verpflichtung, Spuren sichtbar zu machen und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass Freunde, Nachbarn, ganze Familien verschwanden und dass das ohne merkbaren Widerstand der Deutschen geschah.
Der Erinnerung an Menschen, die deportiert und ermordet wurden, sollen auch die ins Pflaster verlegten Stolpersteine dienen. Viele Städte wie Bamberg, Rostock, Halle oder Stuttgart haben mit der Verlegung schon begonnen. Potsdam will in diesem Jahr die ersten Gedenksteine einbringen. Eine Spende dafür konnte Ladner gestern vom SPD-Stadtverband Mitte-Nord entgegennehmen, der auf seiner Weihnachtsfeier 340 Euro gesammelt hatte.
Wegen des schlechten Wetters hatte der Verein die Gedenkveranstaltung in den ehemaligen Gerichtssaal verlegt, der in seiner historischen Form wiedererstehen soll. Noch in diesem Jahr wird er die Ausstellung zu Urteilen des Erbgesundheitsgerichtes in der NS-Zeit zeigen.
Ebenfalls an geschichtsträchtigem Ort hatten sich am Sonntagvormittag Vertreter der CDU versammelt. Dort, wo die neue Synagoge in der Schlossstraße gebaut werden soll, legte die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und Kulturministerin, Johanna Wanka, gemeinsam mit der CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Thomas Lunacek und CDU Generalsekretär Rolf Hilke Blumengebinde nieder. „Wir tragen Verantwortung für das, was nach dem Holocaust geschieht“, sagte Wanka. Sie wahrzunehmen sei wichtig vor allem jungen Menschen gegenüber. Wanka zeigte sich zuversichtlich, dass dabei auch der Besuch von Gedenkstätten hilft. Die Gefahr von Antisemitismus und Rassismus sei nicht gebannt, erklärte sie im Hinblick auf die NPD. Neben dem offiziellen Gedenken kam es auch zu persönlichen Begegnungen. Das Ehepaar Gertrud und Rüdiger von Hertzberg, die selbst die Zeit des Faschismus miterlebt haben, trägt noch immer schwer an den Erinnerungen. Freunde verschwanden, junge Soldaten, zu Massakern gezwungen, konnten sie nie wieder vergessen.
Am Abend versammelte sich noch die autonome antifaschistische Linke zu ihrer Gedenkkundgebung am Denkmal für die Opfer des Faschismus auf dem Platz der Einheit. Die knapp 50 Teilnehmer zogen anschließend zum Ehrenfriedhof der sowjetischen Soldaten am Bassinplatz.
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