
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: „Wir sind keine Preußenverehrer“
Richtfest für Kapelle am Ort der Garnisonkirche Kritiker Lutz Boede des Platzes verwiesen
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Innenstadt - Etwa 150 Interessierte feierten gestern Richtfest für die Kapelle mit Ausstellungsraum am Ort der Garnisonkirche in der Breiten Straße. „Das Projekt des Wiederaufbaus der Garnisonkirche“, erklärte Wolfgang Huber, „lässt die Herzen vieler Menschen schneller schlagen.“ Der Vorsitzender des Kuratoriums der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ erklärte in seiner Rede weiter: „Ich gehöre zu diesen Menschen.“ Gegenüber den PNN sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, dass die Garnisonkirche nach ihrem Wiederaufbau „Ort der kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte“ sein werde, „damit sich Zukunft eröffnet“. Aus den von der Stiftung gebildeten Kompetenzteams etwa zu Recht, Programm und Wissenschaft, bestehend aus zwölf Personen, könnte einmal ein „Think Tank“ entstehen zu Geschichts-, Friedens- und Zukunftsfragen. Huber: „Das ist ein Ansatz, wie die Kompetenzteams fortgeführt werden, wenn die Kirche steht.“
Die Garnisonkirche war von 1730 bis 1735 im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. errichtet worden. Im Krieg wurde die Garnisonkirche schwer beschädigt und 1968 auf Beschluss der SED-Führung gesprengt. Bis 2017, dem 500. Jahrestag des Thesenanschlages des Reformators Martin Luther an der Wittenberger Schlosskirche, soll der Turm wieder stehen. Spenden in Höhe von etwa 39 Millionen Euro werden dafür notwendig sein, berichtete der Stiftungsgeschäftsführer Peter Leinemann. Die genauen Kosten berechnet das Architekturbüro Hilmer & Sattler und Albrecht, das den Turmbau bis Jahresende architektonisch plant. Die einstweilige Kapelle am Ort der Garnisonkirche kostet etwa 400 000 Euro und wird Huber zufolge am 25. Juni eingeweiht. Sie wird Arbeitsort der gerade berufenen Pfarrerin Juliane Rumpel sein. Nach Fertigstellung des Turmes soll die Kapelle wieder abgetragen werden.
Leinemann zufolge ist für Oktober dieses Jahres die Aufstellung eines acht Meter hohen Brüstungsteils des Garnisonkirchen-Turmes geplant. Das Bauteil werde 130 000 Euro kosten und später dann in 25 Meter Höhe in den Kirchturm integriert. Als möglichen Zeitpunkt des Baubeginns für den Turm nannte Leinemann das Jahr 2013.
Der Wiederaufbau der Kirche des Architekten Philipp Gerlach ist in Potsdam nicht unumstritten. Am Donnerstagabend gründete sich im Kabarett „Obelisk“ eine Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“. Hauptkritikpunkt ist ihre frühere Funktion als preußische Militärkirche. Die Kirche stehe für den preußischen Militarismus. Der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, als Hitler in der Garnisonkirche mit Paul von Hindenburg den Schulterschluss mit den preußischen Konservativen zelebrierte, spreche ebenfalls nicht für einen Wiederaufbau der Kirche. Am Rande des Richtfestes kam es zu verbalen Auseinandersetzungen, als Wiederaufbau-Kritiker Lutz Boede von Fördergesellschaftsmitglied Burkhart Franck, Oberst a.D., der Zutritt zu dem Areal verwehrt wurde mit der Begründung, er sei nicht eingeladen. Boede kritisierte, dass Gelder aus dem Vermögen der DDR–Parteien, die eigentlich für Gedenkpolitik vergeben werden sollten, nun zur Errichtung einer Kapelle verwendet werden.
„Wir sind keine Preußenverehrer“, erklärte dazu der Vorsitzende der Fördergesellschaft, Johann-Peter Bauer, den PNN. Die Kirche werde nach ihrem Wiederaufbau „ein Fingerzeig dafür sein, dass es nie wieder so kommt“. Preußens Geschichte habe positive und negative Aspekte.
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