Aus dem GERICHTSSAAL: Wirbelbruch nach Notbremsung Drei Monatsgehälter Strafe für Smart-Fahrer
Die Oberstaatsanwältin zog in ihrem Abschlussplädoyer so richtig vom Leder. Von schlampiger Ermittlungsarbeit der Polizei sprach sie nach dem Beinahe-Zusammenstoß zwischen Straßenbahn und Smart zur Mittagszeit des 19.
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Die Oberstaatsanwältin zog in ihrem Abschlussplädoyer so richtig vom Leder. Von schlampiger Ermittlungsarbeit der Polizei sprach sie nach dem Beinahe-Zusammenstoß zwischen Straßenbahn und Smart zur Mittagszeit des 19. Oktober 2006, von erstunkenen und erlogenen Aussagen des wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagten Autofahrers, dessen Verhalten ein Paradebeispiel für einen rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer geboten habe. Dafür solle der Student mit drei Monatseinkommen sowie einem Fahrverbot von einem Vierteljahr büßen. Der Amtsrichter sah dies ebenso. Zu der Geldstrafe von 1350 Euro kommen die Kosten für den zweitägigen Prozess.
Smart-Besitzer Marco M. (27, Name geändert) bestritt während der Verhandlung eisern, Schuld an der Notbremsung der Straßenbahn an der Kreuzung Friedrich-Ebert-/Charlottenstraße zu tragen, in deren Folge eine 83-Jährige in der Bahn stürzte, sich einen Wirbel brach, diverse Prellungen an Armen und Beinen davontrug und noch heute unter Rückenschmerzen leidet. „Ich habe an der Wilhelmgalerie in Höhe der Deutschen Bank gestoppt, um Fußgänger über die Straße zu lassen“, so der Potsdamer. Danach sei er langsam wieder angefahren, habe nach links geschaut, dann nach rechts und die vom Nauener Tor in Richtung Platz der Einheit fahrende Bahn erblickt. „Ich habe sofort gebremst. Es stimmt nicht, dass ich mit meinem Auto schon auf den Gleisen stand, wie es in der Anklage steht“, entrüstete sich Marco M..
„Der Smart-Fahrer bewegte sich zügig in den Kreuzungsbereich. Dort schaute er lediglich nach links. Ich dachte, der kommt seiner Wartepflicht nicht nach und leitete eine Notbremsung ein“, so Tram-Fahrer Thomas K. (46) im Zeugenstand. „Als die Bahn zum Stehen kam, befand sich der Kleinwagen zwischen Ziehharmonika und Fahrerkabine auf den vorderen Schienen.“ Der Straßenbahnfahrer wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft vereidigt – ein mittlerweile seltenes Prozedere in deutschen Gerichtssälen.
Ein Augenzeuge bestätigte, der Tramfahrer habe nicht einschätzen können, ob der Smart anhält. „Dessen Fahrer schaute an der Fußgängerinsel nach links, fuhr aber weiter geradeaus in die Charlottenstraße.“ Ein 21-Jähriger, der den Vorfall vom benachbarten Eck-Café aus beobachtete, berichtete: „Nach der Notbremsung waren zwischen Auto und Bahn ungefähr noch zehn Zentimeter Platz.“ Die zum Ereignisort gerufenen Polizisten hielten es nicht für nötig, den genauen Standort des Smart nach der Fast-Kollision zu dokumentieren. Im Zeugenstand wanden sie sich wie Aale, um ihr Versäumnis zu entschuldigen. Marko M. hingegen kam keine Entschuldigung über die Lippen, Verursacher der schweren Verletzung der Seniorin gewesen zu sein. Hoga
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