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Sport: WM-Medaillenjagd statt Fischwaid

Sieben Asse des Kanu-Clubs Potsdam kämpfen nun in Duisburg um Edelmetall und Olympia-Quotenplätze

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Seine geliebte Angel muss er nun vorerst unbeachtet lassen. „Dazu komme ich jetzt erstmal nicht mehr“, sagt Lutz Altepost. Aber er sagt es ohne Bedauern, denn statt auf Fischwaid geht der Potsdamer Rennkanute in den kommenden Tagen auf WM-Medaillenjagd.

Im dreiwöchigen Trainingslager im märkischen Kienbaum hatte der 25-Jährige des KC Potsdam in seiner Freizeit immer mal gern gemeinsam mit seinem Kumpel Björn Goldschmidt die Rute ausgeworfen, „aber so richtig beißen wollten die Fische nicht“, meint Altepost. Gestern fuhr der Athletensprecher der deutschen Paddler mit der 32-köpfigen Flotte des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) vom Kienbaumer See an die Regattastrecke Duisburg, wo am Wochenende die Weltmeister im Kajak und Canadier ermittelt werden. Altepost wird dort als erster von insgesamt sieben Potsdamer WM- Athleten starten – am Donnerstag in den 1000-Meter-Vorläufen der Viererkajaks. „Wir wollen zunächst ins Finale, und dort ist dann alles möglich“, sagt Schlagmann Altepost, der mit Norman Bröckl (Berlin), Marco Herszel (Magdeburg) und Björn Goldschmidt (Karlsruhe) erst seit gut zwei Wochen das Auswahl-Quartett für die längste WM-Strecke bildet. „Unser Boot ist deshalb noch nicht so eingefahren, da fehlt noch ein Stück zur ganz großen Weltspitze.“ Hatte er im Frühjahr wegen einer längeren schweren Erkrankung bei den nationalen Qualifikationen gefehlt, konnte sich der K4-Weltmeister von 2005 im weiteren Saisonverlauf doch noch in die Nationalmannschaft paddeln, und bei letzten Stufentests verdrängte Altepost seinen Klubkameraden Sebastian Lindner noch aus dem Parade-Vierer.

Lindner rückte dafür in den Viererkajak über 200 und 500 Meter und sieht nun mit Spannung seinem WM-Einstand bei den „Großen“ entgegen. „Ich hoffe, unser Heimvorteil in Duisburg hilft mir bei meinem Debüt“, gesteht der 19-jährige Eisenhüttenstädter, der vor fünf Jahren nach Potsdam an die Sportschule kam und erst im letzten Winter von den Junioren in die Leistungsklasse wechselte. Bei den WM wird Lindner in beiden K4 hinter Schlagmann Dimitri Tabuev (Karlsruhe) auf Platz zwei sitzen; vor Norman Zahm (Essen) und Björn Bach (Magdeburg). „Wir paddeln erst seit drei Wochen zusammen, aber das Boot läuft schon ganz gut“, erzählte Lindner. Ebenso wie er ist Sebastian Brendel erstmals bei einer WM der Elite dabei – der 19-jährige Sportsoldat kniet in Duisburg im Vierer-Canadier über 500 Meter hinter Robert Nuck (Leipzig) sowie vor Thomas Lück (Neubrandenburg) und Stefan Holtz (Karlsruhe). „Meine Form kommt langsam, und unser Boot läuft echt schnell. Wir sind mittlerweile noch besser eingefahren als zu den Europameisterschaften und wollen nun eine Medaille.“

Das größte Programm der Potsdamer WM-Starter hat in den kommenden Tagen Katrin Wagner-Augustin zu bestreiten. Die 29-jährige Sportsoldatin paddelt den Einer-Kajak über 500 Meter sowie im K4 über 500 und 200 Meter. „Ich bin gesund und munter und freue mich, dass es nun los geht“, meinte die dreifache Olympiasiegerin und fünffache Weltmeisterin. Ihr Hauptaugenmerk legt sie auf den Vierer, den sie mit Carolin Leonhardt (Mannheim), Conny Waßmut (Magdeburg) und Maren Knebel (Karlsruhe) paddelt. „Der Einer ist eher Zugabe, denn den fahre ich über 500 Meter nicht so gern“, gesteht sie. „Damit hatte ich eigentlich 2004 schon abgeschlossen. Aber in diesem Jahr hat es sich durch meine Leistungen halt wieder so ergeben – und nun will ich auch hier das Beste draus machen.“ Ob es für die Weltmeisterin und zweifache WM- Zweite im 1000-Meter-Einer in Duisburg zu einer Medaille reichen wird, „bleibt abzuwarten“, meint Wagner-Augustin. „Mein großes Ziel ist es erst einmal, das Finale und dort Platz acht zu erreichen, um den deutschen Einer für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.“

Bei den diesjährigen Heim-Titelkämpfen nämlich geht es nicht nur um Medaillen, sondern auch um die Quotenplätze für Olympia 2008 in Peking, für die in den Endläufen der Mannschaftsboote mindestens Rang sechs notwendig ist. „Das sollte bei normalem Verlauf zu schaffen sein, obwohl man natürlich immer alles geben muss“, meint Fanny Fischer, die mit der Mannheimerin Nicole Reinhardt den Zweierkajak über 200 und 500 Meter fahren wird. Und nur an Gold über 500 Meter denken ihre beiden Klubkameraden Ronald Rauhe und Tim Wieskötter, die gemeinsam auch die 200 Meter paddeln und auf der längeren Strecke im K2 seit 2001 bei internatinalen Meisterschaften ungeschlagen sind. „Alles andere als ein erneuter Sieg wäre eine Enttäuschung“, räumt Wieskötter ein. „Die Titelverteidigung ist unser erklärtes Ziel“, bestätigt Rauhe, der wegen des Zeitplanes in diesem Jahr auf WM-Starts im Einer verzichten muss.

Rolf-Dieter Amend, Erfolgstrainer aus dem Potsdamer Luftschiffhafen, wird Rauhe/Wieskötter nun bei den WM auch als Bundestrainer betreuen; ebenso wie Wagner-Augustins und Fischers Heimtrainer Eckehardt Sahr. „Wenn man jahrelang gewonnen hat, will man das nun natürlich fortsetzen“, meint der 58-Jährige, der ebenfalls passionierter Angler ist. „Diesmal war ich in Kienbaum aber nur einmal raus – ich hatte zu wenig Muße und Ruhe dazu. Gerade Abends analysiert man noch mal gern die Ergebnisse des Trainingstages. Außerdem hält meine notdürftige Angel nicht mit Lutz“ Ausrüstung mit. Das ist wie Fahrrad gegen Ferrari“

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