Von Guido Berg: Wo der König Kunde war
und der Kunde heute König ist – in der Königlichen Krongut-Bäckerei ist Backen noch Handwerk
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Bornstedt - Auch wenn es die Königliche Krongut-Bäckerei ist: Backen ist Arbeit. Daran ändert auch die Zeit vor Weihnachten nichts. Vor der Tür ist es noch dunkel, doch seine Nachtschicht hat Dietmar Homann fast geschafft. Er hat zuletzt Stollenteig angerührt, hat eine Backmischung, Marzipan, Butter, Hefe und etwas Wasser in den großen Spiralkneter gegeben und nach vier Minuten eine Mischung zugeschüttet, die zuvor einen Tag auf dem Ofen vor sich hinzog, eine Mischung aus Sultaninen, Orangeat, Zitronat, gehackten Mandeln und Rum, 38-prozentiger Überseerum. Das ganze hat Homann noch eine Minute kneten lassen, nicht länger, sonst gehen die Früchte kaputt. Die Teigruhe im Anschluss dauerte noch 15 Minuten, „damit die Hefe in die Gänge kommt“. Weiter geht es mit Handarbeit, Homann und der Azubi Philipp Thiele wälzen und kneten den Teig auf dem Holztisch bis er ganz leicht ist, dann streichen sie passend große Teigklumpen in die Stollenformen. Zwei mal 30 Minuten backt der königliche Stollen bei 220 Grad Celsius im Ofen.
Backen ist zwar Arbeit, aber Azubi Philipp macht die Arbeit Spaß. Mit einem Schieber zieht er die Formen aus dem Ofen und dreht sie unter Anspannung seiner Armmuskeln auf die Unterseite. Dann zieht er die Stollenform ab und der schon durchaus knusper anmutende Stollen kommt zu Tage. Nur noch auf dem Unterblech liegend, muss er aber noch für eine weitere halbe Stunde in die Hitze. Danach ist er keineswegs fertig. Gesellin Nicole Rotzoll taucht die Stollen in flüssige Butter; das schließt die Poren, so kann die Feuchtigkeit nicht heraus und das Gebäck bleibt schmackhaft „bis Ostern“. Im Anschluss wälzt sie die Weihnachtskuchen in einem Gemisch aus Grobzucker und Puderzucker. Als Letztes wird der Stollen wiederum mit Feinstzucker gepudert. „Dann ab in die Tüte, Schleife drum und fertig“, sagt die Gesellin, die gleichsam Bäckerin und Konditorin ist und verrät, auch zu Hause sehr gern für Freunde zu backen. Backen ist eben auch Freude.
Abnehmer der Stollen oder der 17 verschiedenen Blechkuchen oder der 17 verschiedenen Brote – einschließlich des „wild aufgeplatzten“, sehr rustikalen Nikolausbrotes mit ganzen Haselnüssen – sind die besten Hotels Potsdams. Gebacken wird „rund um die Uhr“, erzählt Martin Ibler, Inhaber der Königlichen Hofbäckerei im Krongut Bornstedt. Im Bäckerei-Geschäft ist seine Familie schon in der dritten Generation, erzählt der 41-Jährige. Sein Großvater begann in den 1920er Jahren mit einem einzelnen Laden und einer Erfolgsgeschichte: Vor zwölf Jahren konnte Iblers Vater 224 Läden, die über zwei Generationen entstanden sind, an die Firma Thürmann verkaufen – und sich danach zur Ruhe setzen.
Martin Ibler jedoch wollte auf eigenen Füßen stehen, 2002 knüpfte er an die Tradition der Königlichen Hofbäckerei im Krongut an. Die war mit der ersten Krönung eines Preußenkönigs 1701 aus der Gutsbäckerei hervorgegangen.
Freilich verlangt Backen mit einer Krone im Logo mehr als noch des Großvaters Grundversorgung. „Wir backen heute eine Runde ehrlicher“, sagt Ibler. Seine Angestellten sind „keine Maschinenbäcker“, in den 16-Kammer-Ofen kommen „keine Teiglinge, keine Fertigprodukte, in die nur Luft reingeschossen wird“. Der patentierte Ofen wird am Morgen angefeuert mit dem vor der Tür gestapelten Buchenholz. Auf 230 Grad Celsius gebracht sinkt seine Temperatur bis zum Abend lediglich auf 220 Grad ab.
Freilich ist jeder Kunde König, selbst wenn er morgens kurz nach 6 Uhr auf dem Weg zur Schicht Brötchen bei Ibler holt. Doch einmal, da speiste das Krongut auch einen königlichen Gaumen, 2004 beim Besuch der Queen. Wie Ibler hörte, geruhten ihrer Majestät die Brötchen vom Krongut zu munden.
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