Landeshauptstadt: Wo Wasser nach oben fließt
Experimentalbrunnen im Exploratorium nutzt „Horror vacui“, ein Phänomen der Physik
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Die Angst der Natur vor der Leere nutzt Künstler Lothar Krone, um Wasser fließen zu lassen. Sein Experimentalspringbrunnen, der seit gestern im Potsdamer Exploratorium ausprobiert werden kann, veranschaulicht das physikalische Phänomen des „Horror vacui“.
Krones Wasserkaskade ist ein vier Meter hoher Aufbau aus übereinander montierten transparenten Kunststoffboxen, die mit fingerdicken Schläuchen verbunden sind. Es sei sowohl eine Reminiszenz an die Wasserspiele von Sanssouci, als auch sein naturwissenschaftlicher Beitrag zum diesjährigen brandenburgischen Themenjahr „Faszination Wasser“, nennt der Künstler seine Motive. Das war den jungen wissbegierigen Nachwuchsforschern, die sich am gestrigen Einweihungstag um die Konstruktion drängten, ziemlich schnuppe. Sie wollten vor allem eines: Das Ding in Bewegung setzen.
Und das geschieht mit Muskelkraft. Am Fuße des Versuchsaufbaus steht eine Handpumpe. Durch das Betätigen der Pumpvorrichtung wird das Wasser nach oben geschossen. Die so entstehende Fontäne wird von einem Trichter aufgefangen, dessen Verjüngung in einen Behälter mündet. In der Kunststoffwand des Behälters steckt ein etwa ein Meter langer Plastikschlauch so, dass das kürzere Ende im und das längere aus dem Becken hängt. Erreicht der Wasserspiegel den Schlauchauslauf, läuft das Wasser durch den Schlauch ab und befüllt die nächste Box, in die außerdem noch ein Wasserrad montiert wurde. Ist das feuchte Element erst einmal im Fluss, könne man Pause machen, erklärte Dr. Axel Werner, Physiker und Kurator der wissenschaftlichen Mitmachwelt in der Wetzlarer Straße. Auch wenn der Wasserstand jetzt unter das Niveau des Schlauchaustritts sinkt, wird der Behälter scheinbar antriebslos weiter leer gepumpt. Dabei fließt das Wasser sogar entgegen sonstiger Gesetzmäßigkeit nach oben. Und das funktioniere so: Das Wasser falle dank Anziehungskraft der Erde aus dem herunterhängenden längeren Schlauchende. Das erzeuge eine Sogkraft, die den Schlauch schnell entleere und „schlimmstenfalls“ ein Vakuum hinterließe. Das aber scheue die Natur, sagte Axel Werner, und deshalb werde immer wieder Wasser nachgedrückt, bis das Becken leer sei. So fällt das Wasser von Plastikwanne zu Plastikwanne und setzt schließlich sogar noch ein Schaufelrad in Gang, aus dessen Drehbewegung man wiederum Strom gewinnen könne. „Ein klarer Fall von umgewandelter Energie“, erläuterte der Physiker.
Die Fließkraft des Wassers habe sich der Mensch schon früher zu nutze gemacht, sagte der Mitinitiator des Potsdamer Exploratoriums. Über Versuche wie den Experimentalspringbrunnen wolle man die kleinen Besucher der Mitmachwelt auch zum Nachdenken über „sinnvolle Ressourcen- und Energienutzung“ bringen.
Die allerdings waren abgelenkt durch die Neuheiten, die in der Werkstatt der Mitmachwelt zum Themenschwerpunkt Wasser in den vergangenen Wochen entstanden. So kann in einer Dunkelkammer beobachtet werden, wie Wasser Licht leitet. Außerdem macht ein Stroboskop, das schnelle Lichtblitze aussendet, sichtbar, dass ein vermeintlicher Wasserstrahl tatsächlich aus vielen kleinen Tropfen besteht. Des weiteren können die Besucher das Teichleben unter die Lupe nehmen. In einer Plexiglasröhre ist ausgestellt, was Teilnehmer des gerade eingerichteten Experimentierkabinetts erwartet. In dem mit Wasser aus dem hauseigenen Teich gefüllten Gefäß tummeln sich allerlei Kleinstlebewesen wie Libellenlarven, Hüpferlinge oder Wasserflöhe. Gegen einen Unkostenbeitrag von zwei Euro zuzüglich Eintrittsgeld können Neugierige Wassertierchen und auch -pflanzen unter dem Mikroskop begucken und untersuchen. Dauer der Experimente: 30 Minuten.
Nicola Klusemann
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