Landeshauptstadt: Wohin mit dem vielen Grünkohl? Ältester Kleingärtner feiert heute 90. Geburtstag
Umgegraben und sauber geharkt warten die Beete auf ihre Saat. Potsdams ältester noch aktiver Kleingärtner Hermann Schunke kann seine Parzelle im Verein „Krähenbusch“ also durchaus vorzeigen, wenn er heute den 90.
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Umgegraben und sauber geharkt warten die Beete auf ihre Saat. Potsdams ältester noch aktiver Kleingärtner Hermann Schunke kann seine Parzelle im Verein „Krähenbusch“ also durchaus vorzeigen, wenn er heute den 90. Geburtstag feiert. Er ist ein Laubenpieper vom alten Schlag, der den Anbau über die Erholung stellt. Rasenflächen mag er nicht so sehr, auf den 330 Quadratmetern werden Bohnen, Erbsen oder der heute selten gewordene Mangold angebaut, der in der Küche von seiner Frau wie Spinat verarbeitet wird, „aber viel besser schmeckt“.
„Hermann, wo willst du mit dem vielen Grünkohl hin?“, fragen die Nachbarn, wenn er das Wintergemüse säckeweise erntet. Doch was nicht in die Tiefkühltruhe passt, die die Schunkes fast unabhängig von Einkäufen macht, nehmen Verwandte und Freunde mit Kusshand ab. Die Erträge liegen weit über dem Durchschnitt, hat Schunke im großen elterlichen Garten in Parey an der Elbe doch von Kindesbeinen an die Kunst des Gärtnerns geübt. Täglich radelt der Senior, der zeitlebens kein Auto besaß, in seinen Garten und wirkt dort fünf bis sechs Stunden. Auch die körperlich schweren Arbeiten bewältigt er allein, lässt sich nur in Ausnahmefällen helfen. Er ist fest davon überzeugt, dass ihn der Kleingarten so fit gehalten hat. Wer allerdings denkt, Schunke habe sein ganzes Leben in der Gartenidylle verbracht, irrt gewaltig. Im Zweiten Weltkrieg als Feuerwerker (Munitionierer) zur Luftwaffe eingezogen, sah er oft dem Tode ins Auge. Nach 1945 hat der studierte Bauingenieur dann im VEB Landbauprojekt Potsdam an zahlreichen Großprojekten für Milchvieh-, Schweine- und Geflügelanlagen mitgewirkt, war aber auch an Potsdamer Bauten wie dem Interhotel oder dem Kulturhaus „Hans Marchwitza“ beteiligt.
Im Landbauprojekt war der ruhige, außerordentlich bescheidene Mann offensichtlich sehr beliebt. Seine früheren Kollegen werden heute zu dem Frühstück kommen, das Hermann Schunke im Mövenpick für sie gibt. Mit der Familie feiert er dann am Wochenende – in einem Kleingartenlokal. E. Hoh
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