FESTessen: Wohlstand satt statt Notpraline
Früher hätte der Dominostein von Fahland in der Brandenburger Straße bestimmt eine ganze Familie festlich gestimmt. Erfunden wurde der doppelt geschichtete Weihnachtswürfel in den 1930er Jahren als Praline der Armen.
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Früher hätte der Dominostein von Fahland in der Brandenburger Straße bestimmt eine ganze Familie festlich gestimmt. Erfunden wurde der doppelt geschichtete Weihnachtswürfel in den 1930er Jahren als Praline der Armen. Der Dominostein war die Notpraline. Von Not kann heute allerdings keine Rede sein: Ein gefühltes Pfund schwer liegt er in der Auslage, mit den Ausmaßen eines mittleren Wackersteins und kostet satte 1,90 Euro. Bei Bäcker Braune ein paar Hundert Meter weiter gibt es für das Geld eine ganze Tüte Dominosteine. Nach Aussagen der Verkäuferin verkauft man die schon „ewig“. Und ein bisschen schmecken sie auch ewig alt: Die Nougat-Variante (einfach gefüllt) entschichtet sich von alleine, so trocken ist der Lebkuchen. Und der doppelt geschichtete Klassiker ist zwar immerhin mit Aprikosenmus gefüllt, so wie einst erfunden, dafür aber auch mit ganz viel Gewürzaromen, die einen an früher erinnern, aber nicht unbedingt an eine gute alte Zeit. Dann doch eher extradicker Wohlstand von Fahland? Mit massig Schokolade: Die Deckschicht ist mehrere Millimeter dick, die aber leider einstürzt, wenn man hineinbeißt. Am besten isst man erst die Wände und löffelt dann den Rest Marzipan-Himbeergelee-Lebkuchen. Eigentlich könnten sich beide Bäcker verbünden und den echten Potsdamer Dominostein backen: die Mischung von Fahland – Größe und Preis von Braune. Aber bis dahin schmecken zur Not auch beide.
Heute von Grit Weirauch
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