Landeshauptstadt: Wohnen an denkwürdigem Ort
Bis Ende 2014 soll das ehemalige NVA-Lazarett in der Großbeerenstraße 301 saniert werden
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Babelsberg / Am Stern – Die Vorbereitungen für den Bau von Wohnungen und Eigenheimen auf dem Gelände des ehemaligen Lazaretts an der Großbeerenstraße 301 haben begonnen. Die Babelsberger Hausbau-GmbH von Kirsch & Drechsler will hier bis Ende 2014 in denkmalgeschützten Altbauten rund 40 komfortable Wohnungen schaffen und an der Wildeberstraße 16 erschlossene Eigenheim-Grundstücke anbieten. An der Großbeerenstraße ist ab 2014 der Bau weiterer Geschosswohnungen geplant.
„Wenn ich einmal durch den wiederhergestellten Park spazieren gehe, möchte ich zufrieden auf das Geschaffene blicken“, sagte Wolfhard Kirsch am Sonntag beim Frühschoppen der Linken im Bürgerhaus Sternzeichen. Der Firmenchef reagierte auf die Kritiken, die umfangreiche Baumfällungen auf dem Gelände hervorgerufen hatten. „Zeit der sterbenden Bäume“ titelten die PNN, nachdem der Naturschutzbund im Frühjahr „mit Erstaunen und Entsetzen“ wahrgenommen hatte, dass auf dem Gelände gleich „ein ganzer Wald“ der Motorsäge zum Opfer fiel. Die Stadt hätte den Fällungen zugestimmt. Gewissermaßen im Nachgang stimmten die Stadtverordneten am Mittwoch dem städtebaulichen Vertrag für das Gesamtvorhaben zu. Das gerodete Areal an der Wildeberstraße werde für den Bau von Einfamilienhäusern erschlossen. Kaufpreis der bis tausend Quadratmeter großen Grundstücke: 169 bis 260 Euro pro Quadratmeter.
Kernstück des von den Bauherren als „Waldresidenz“ bezeichneten Quartiers sind die denkmalgeschützten Altbauten des Sanatoriums Dr. Sinn, aus denen Wohnungen für Anleger und Eigennutzer entstehen. Der Aachener Nervenarzt Rudolf Sinn ließ die Anlage im Jahre 1907 für wohlhabende Patienten errichten. Der Gebäudekomplex ist heute eine ungepflegte Parkanlage, die Kirsch & Drechsler weitgehend denkmalgerecht wiederherstellen wollen. Vorgesehen ist zudem ein öffentlicher Fußweg von der Ziolkowski- zur Großbeerenstraße.
In den Kriegsjahren nutzte die Gestapo das Sanatorium als eine Art Verbannungsort für Hitler-Gegner. Es beherbergte unter militärischer Bewachung unter anderem Fritz Thyssen, den französischen Premierminister Edouard Herriot und den Maler Karl Hofer. Die Bezeichnung „Lazarett“ rührt von der Nutzung der Nationalen Volksarmee (NVA) her, die nach dem Auszug der Russen ab 1956 hier ein Krankenhaus betrieb. 1969 einverleibte sich der DDR-Staat das Grundstück. Ein Rückübertragungsanspruch der Nachfahren von Dr. Sinn nach der Wende wurde unter anderem mit Berufung auf „Militärrecht“ abschlägig beschieden. Die Bundesrepublik Deutschland mit der heutigen Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (Bima) reklamierte die Eigentumsrechte.1992 zog als letzter Nutzer die Potsdamer Außenstelle für die Stasi-Unterlagen ein.
Nach Informationen von Kirsch habe insbesondere der letzte Nutzer „die Altbausubstanz stark zerstört“. So seien die alten Fenster „rausgerupft“ und viele historische Türen beseitigt worden.
Günter Schenke
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