Landeshauptstadt: Wohnen für jedermann hinter hochherrschaftlicher Fassade
Die Prinz von Preußen Grundbesitz AG lässt die Fassade des Palazzo Chiericati wiedererstehen – und dahinter „bezahlbare Mietwohnungen“
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Nach vorne heraus das wiedererrichte Stadtschloss, eingebettet im historischen Gebäudeensemble, nach hinten der Blick auf die Alte Fahrt und hinüber zur Freundschaftsinsel. „Eigentlich muss man bei Lagen häufig Kompromisse eingehen – hier nicht. Die Immobilie vereint quasi Alpen und Nordsee“, schwärmt Theodor J. Tantzen, Vorstandsmitglied und Mitgründer der Prinz von Preußen Grundbesitz AG. Im Oktober vergangenen Jahres bekam das Unternehmen, dessen Aufsichtsrat der Urenkel des letzten Deutschen Kaisers Wilhelm II., Franz-Friedrich Prinz von Preußen führt, wie berichtet den Zuschlag für das Grundstück Humboldtstraße 4 am Alten Markt. Insgesamt acht Grundstücke hatte die Stadt in einem zweistufigen Bieterwettbewerb ausgeschrieben. Ziel ist die weitgehende Wiederherstellung der historischen Struktur des Schlossumfeldes. Auch die Prinz von Preußen Gesellschaft muss dem Rechnung tragen. Früher stand auf dem Grundstück in direkter westlicher Nachbarschaft zum Palast Barberini der sogenannte Palazzo Chiericati. Die Fassade des ebenfalls zum Potsdamer Leitbau erklärten Renaissancegebäudes muss das Unternehmen wiederherstellen. Dahinter aber soll es möglichst bürgerlich zugehen, verspricht der Vorstand.
Entstehen sollen auf dem schmalen knapp 1000 Quadratmeter großen Wassergrundstück ein zweistöckiges Wohngebäude mit Gewerbefläche im Erdgeschoss und im hinteren Teil ein Gartenhaus, das ausschließlich zum Wohnen gedacht ist. Wie die restliche Hülle des Vorderhauses und die Fassade des Gartenhäuschens aussehen wird, sei derzeit noch nicht abschließend geklärt, sagt Tantzen. Zumindest für das Gartenhäuschen existiert bereits ein Computerentwurf, der ein ebenfalls zweistöckiges Gebäude zeigt, das in drei Stufen zum Wasser hin absteigt und im Erdgeschoss mit einer Pergola versehen ist. Bei den Wohnungen soll es sich Tantzen zufolge um klassische, klar strukturierte Mietwohnungen handeln: „Zwischen 80 und 100 Quadratmetern groß und mit drei Zimmern und Balkon.“
Trotz der Toplage sollen sie bezahlbar bleiben. „Wir gehen davon aus, dass es auch begeisterte Potsdamer gibt, die eine solche Wohnung beziehen wollen und wir wollen ihnen das ermöglichen“, verspricht der Vorstand des Bauträgerunternehmens, das in Potsdam unter anderem für den Ausbau der alten Speicherstadt an der Langen Brücke und die Restaurierung des Kaiserin-Augusta-Stifts bekannt ist. Letzteres Projekt verwirklichte die Gesellschaft zusammen mit dem Potsdamer Architektenbüro Van Geisten/Marsfeld, das auch die Gestaltung für die Humboldtstraße übernimmt.
Ganz ohne Annehmlichkeiten müssen die Mieter dann wohl doch nicht auskommen. Zusammen mit dem Baukonzern Kondor Wessels, der auf dem Grundstück in der Humboldtstraße 1 baut und die Leitfassade des einstigen Palazzo Pompei rekonstruiert, möchte die Prinz von Preußen Grundbesitz AG eine Tiefgarage bauen. „Wir sind im Gespräch. Es wäre in jedem Fall sinnvoll“, sagt Theodor J. Tantzen. Die Baukosten schätzt der erfahrene Projektentwickler vorsichtig auf rund fünf Millionen Euro. „Damit ist es das kleinste Projekt am Platz und auch in unserem Unternehmen.“ Genauer festlegen möchte er sich bei der Bausumme nicht. „Die Kalkulation für die historische Fassade ist das Schwierige. Die Herstellung ist quasi Handarbeit“, erläutert der Vorstand. Erbaut worden war der eigentliche Potsdamer Palazzo Chiericati 1777 von Carl Christian Gontard. Der 1731 in Mannheim geborene Architekt, der in Potsdam auch das Brandenburger Tor entwarf, schuf den Bau an der Alten Fahrt nach Vorbild des Palazzo Chiericati in Vicenza, Italien. Das Gebäude von 1553 wurde 1994 in die Liste des Unesco Weltkulturerbes aufgenommen. Trotz der Wiederherstellung der Fassade gilt das Vorhaben der Prinz von Preußen Grundbesitz AG als Neubau.
Bis Ende 2015 will das Unternehmen seinen Teil zur Rekonstruktion des Alten Marktes fertiggestellt haben. Im Frühjahr soll der Bauantrag dafür eingereicht werden. Dann soll auch mit der Vermarktung begonnen und die Mietwohnungen Kapitalanlegern zum Kauf angeboten werden. Theodor J. Tantzen rechnet mit einer Bauzeit von rund 16 Monaten. „Das ist zu schaffen, wenn wir noch im Sommer mit den Bauarbeiten beginnen können“, sagt das Vorstandsmitglied.
Bei der Suche nach dem richtigen Mieter für die Gewerbeeinheit will sich die Prinz von Preußen Grundbesitz AG Zeit lassen. Die vielen Anfragen bei den benachbarten Projekten zeigen, dass das Interesse groß ist. „Vielleicht Gastronomie, muss aber nicht sein“, meint Tantzen. „Wichtig ist, dass wir am Platz insgesamt einen guten Branchenmix haben.“ Schließlich werde der Alte Markt einen ähnlichen Stellenwert wie der Gendarmenmarkt in Berlin bekommen und dann zu den schönsten Plätzen Europas zählen, ist sich der in Bonn geborene Immobilienfachmann sicher.
Der nächste Teil der Serie: 12. Februar
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