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Landeshauptstadt: Wohnen im Zimmer der Kaiserin

Ausbau des Augusta-Stift Am Neuen Garten zur Wohnanlage ist weitgehend abgeschlossen / Am Samstag Tag der offenen Tür

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Nauener Vorstadt - Wenn am Samstag die Prinz von Preußen (PvP) Bauträgergesellschaft Eigentümer, Mieter und Baubeteiligte zur offiziellen Übergabe des weitgehend fertiggestellten Augusta-Stiftes Am Neuen Garten 29-32 einlädt, haben viele nur einen kurzen Weg. Fast die Hälfte der 44 Eigentumswohnungen, die seit Frühjahr 2006 in dem 1900 bis 1902 durch die Architekten Arthur Kickton und Lothar Krüger errichteten Schulkomplex für „höhere Töchter“ aus Adel und Bürgertum ausgebaut wurden, ist bereits bewohnt. Die einstigen Unterrichts- und Internatsräume, Erzieherinnenzimmer und Nebenräume sind zu Wohnungen ab 44 Quadratmetern Größe zusammengefasst worden.

Wie Projektleiter Frank Mangelmann erläutert, wurden dabei die ursprünglichen Raumstrukturen des unter Denkmalschutz stehenden Ensembles weitgehend berücksichtigt. Die den Bau durchziehenden langen Verbindungsgänge wurden unterteilt und unter anderem zum Einbau moderner Sanitärzellen genutzt. Jede Wohnung besitze Individualität. So wurden an der Hofseite die hölzernen Laubengänge mit ihren reichen Verzierungen erhalten und restauriert. Einige Wohnungen wurden neu mit Balkons ausgestattet. Der Aufzug ist in Betrieb, die Hausverwaltung hat ihre Arbeit aufgenommen

Das Bewusstsein, in einem hochrangigen Denkmal zu leben, wird schon im Eingangsbereich von der Straße Am Neuen Garten aus vermittelt. Im Vestibül sind die alte Farbgebung und die Gewölbebögen mit ihren Engelsköpfen wiederhergestellt worden, der aus Mosaikfliesen bestehende Fußboden hatte sich ohnehin gut erhalten. Nur die nach 1945 verloren gegangene Büste der Stiftsgründerin Kaiserin Augusta fehlt. Im Treppenhaus kann der Projektleiter aufwändig restaurierte rote Sandsteinsäulen zeigen, wiederhergestellte Mosaikglasfenster und reparierte originale Parkettflächen. Auf dem Hofgelände ist die ebenfalls dem Original folgende Gestaltung weit vorangeschritten, einschließlich des Runds des großen Springbrunnens. 1902 von Hofgärtner Max Hoppe angelegt, steht auch dieses Areal unter Denkmalschutz. Von hier aus macht Mangelmann auf die originalgerechte Wiederherstellung der Fassaden aufmerksam. Dies betrifft beispielsweise die sanierten alten Schornsteine, die nun der Entlüftung und als Rauchabzug für die in einige Wohnungen eingebauten Kamine dienen.

An diesen und zahlreichen anderen Details leitet Ingo Bethke ab, dass der Bauherr seinen Verpflichtungen gegenüber dem Baudenkmal nachgekommen sei. Das mit der Denkmalpflege abgestimmte Konzept sei verwirklicht worden, erklärte der PvP-Niederlassungsleiter für Berlin-Brandenburg. Es setze den Schwerpunkt auf die Geschichte des Komplexes als Schule für die „Mädchen in Uniform“. Die von einigen Opfervereinigungen geforderte Erinnerung an die Nutzung des Gebäudes durch den sowjetischen Geheimdienst halte er für nicht realisierbar. Bis auf ein Leninmedaillon in der Stiftskapelle, die dem Militärtribunal als Gerichtssaal diente, und Stahltüren ihrer im Lazarettflügel untergebrachten Abhörzentrale hätten die Besatzer 1994 bei ihrem Abzug sämtliche Einbauten und das Inventar geborgen und mitgenommen.

Bei der Übergabefeier am Samstag können die so genannten Sonderwohnungen mit bis zu 173 Quadratmetern Fläche noch nicht präsentiert werden. Ihre Restaurierung dauert an, so die des bei Besuchen von der Kaiserin genutzten Zimmers mit prachtvollem Balkon über dem Haupteingang und von Nebenräumen, wie dem Oberinnenzimmer und der Stiftsbibliothek. Hier wird unter anderem die hochwertige, vom Hausschwamm zerfressene Eichenholztäfelung restauriert. Im ehemaligen Speisesaal mit 88 Plätzen laufen die Arbeiten ebenfalls noch. Er wird zu einem riesigen Wohnzimmer, eine Treppe führt ins darunter liegende Geschoss zu den übrigen Räumen. Bethke und Mangelmann betonen, dass auch hier die Raumwirkung des Saals und alle denkmalwerten Details erhalten werden. Dazu zählt beispielsweise die Holzdecke. „Dafür und für eine ähnliche Decke in der früheren Stiftkapelle mussten wir eine hochmoderne Brandschutzanlage einbauen, die uns 120 000 Euro gekostet hat“, informierte der Niederlassungsleiter. Insgesamt habe die PvP für die Rettung und den Ausbau des Stiftskomplexes etwa 7,5 Millionen Euro aufgewendet. Die Eigentumswohnungen wurden für einen Quadratmeterpreis von 2950 Euro verkauft. Sie werden von den Käufern teils selbst genutzt, teils weitervermietet.

Erhart Hohenstein

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