Von Günter Schenke: Wohnkonzept: Skepsis und Kritik
Bürgerforum: Handlungsfähigkeit der Kommune bezweifelt / Jakobs: „Uns sind die Hände gebunden“
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Am Schlaatz – Viel Kritik gab es auf einem Bürgerforum zum Stadtentwicklungskonzept Wohnen Mittwochnachmittag im Bürgerhaus am Schlaatz. Eric Rossnagel von der Immobiliengesellschaft Terraplan läuft angesichts des darin vorgeschlagenen Handlungskonzeptes gar „das Grauen über den Rücken“.
Sein Unbehagen über das vom Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) vorgelegte Konzept bezieht sich auf die vorgeschlagenen kommunalen Regulierungen. Über 30 „Handlungsfelder“ schlägt das IfS vor, darunter die Entwicklung baureifen Baulandes, eine städtische Bodenvorratspolitik, Vergabe von Flächen nach sozialen Kriterien, die energetische Sanierung zu moderaten Mieten und Kooperationsvereinbarungen mit Vermietern als Ersatz für die auslaufende Belegungsbindung. Kleineigentümer und Selbstnutzer soll die Verwaltung beraten, Verträge zur Folgeinfrastruktur schließen und vieles mehr.
Heute müsse ein Bauherr acht bis neun Monate auf die Genehmigung seines Bauantrages warten, fast sämtliche Fördermöglichkeiten wie die Eigenheimzulage seien abgeschafft, die Mehrwertsteuer erhöht und eine weitere Erhöhung drohe, beklagt Rossnagel. Dazu kämen die Kreditklemme sowie Preissteigerungen der Bauzulieferer. Die Verwaltung sei personell außer Stande, zusätzliche Regulierungen zu realisieren, nicht einmal das nötige Personal für Bau- und Denkmalgenehmigungen könne sie aufstocken.
Etwa 50 Teilnehmer, fast ausschließlich Insider aus Verwaltung, Parteien und Mietervertretern, ließen sich von Thomas Thrun und Jürgen Veser vom IfS das Wohnkonzept anhand unzähliger Textfolien und grafischen Darstellungen erläutern. Trotz dieses Bombardements blieben einfache Fragen offen: Welche Flächengrößen müssen die bis 2010 neu zu bauenden tausenden Wohnungen haben? Wie kann der Wohnungsbedarf der heutigen Bevölkerung gedeckt und das Angebot für Studierende erhöht werden? Wie entwickeln sich Angebot und Nachfrage in den nächsten Jahren?
Volker Punzel vom Mieterverein Potsdam ist skeptisch, wenn er in der Zeitung von der Dominanz eines großen Investors in Potsdam lese. Wenn sich ein großer Investor engagiere, sei das nicht ehrenrührig, bemerkt dazu Oberbürgermeister Jann Jakobs, denn keinem Unternehmer sei es verwehrt, in Potsdam zu bauen. Investoren sind offenbar allemal wichtiger als kommunale Regulierungsversuche, bei denen der Verwaltung laut Jakobs ohnehin „die Hände gebunden“ seien. Potsdam könne zum Beispiel Bauland nicht günstiger verkaufen als es die Marktlage gebiete, denn die Stadt stehe unter dem Zwang der Haushaltssicherung. Das Land verwehre zudem seit Jahren jegliche Förderung beim Neubau. Von der städtischen Wohngesellschaft „bezahlbare Mieten“, also etwa 5,50 Euro pro Quadratmeter kalt, zu fordern, sei zwar populär, aber dann würden andere Prioritäten vernachlässigt.
Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer bei der Pro Potsdam, machte klar, wie gering das Potenzial der Wohngesellschaft ist: Bis 2020 seien laut Haushaltsplan des Unternehmens nur 47 Neubauwohnungen pro Jahr vorgesehen. Laut IfS-Konzept besteht jedoch ein Bedarf an 11 553 Wohnungen.
„Es gibt nicht den Königsweg beim Wohnungsbau“ so Jakobs. Und Konzept-Autor Jürgen Veser bekennt: „Wir haben nicht das große Instrument gefunden.“ So wird also in Zukunft der Markt regulieren, wie ausgerechnet Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg ins Feld führt. „Denn der Verwaltung bleibe doch nur, Baugenehmigungen zu erteilen oder nicht.“ Das sollte allerdings zügiger geschehen.
Günter Schenke
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