Aus dem GERICHTSSAAL: Wohnung voller Rauchgas
Brandsachverständiger: Kein technischer Defekt
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„Wir kommen immer erst, wenn die Feuerwehr ihre Arbeit beendet hat“, berichtete der Brandsachverständige am gestrigen dritten Verhandlungstag vor dem Schöffengericht. Als am 10. Juli 2008 dicker Qualm aus einem angekippten Giebelfenster der Rudolf-Breitscheid-Straße gedrungen war, die Feuerwehrleute an drei Stellen der kleinen Wohnung Glutnester entdeckten, lag die Vermutung auf Brandstiftung nahe. Verdächtigt wurde sehr schnell Mara M.* (23), Ex-Freundin des geschädigten Wohnungsmieters. Sie hatte nach stundenlangem nächtlichen Polizeiverhör die Tat auch zugegeben, ihrer Tante gegenüber aber geäußert: Ich war es nicht. Vor Gericht schwieg die junge Frau bislang zum Vorwurf der Anklage. Sie wollte sich auch zu ihren persönlichen Verhältnissen nicht äußern (PNN berichteten). In ihrem Bundeszentralregister sind zwei Verurteilungen wegen Unfallflucht und Betrugs vermerkt.
„Die Hauptbrandstelle befand sich im Wohnzimmer. Dort war eine Eckcouch mit Holzgestell, Mikrofaserbezug und Schaumstoffpolstern entzündet worden“, so der Gutachter. „Der zweite Herd war im Schlafzimmer, wo die Bettdecke gebrannt hatte. Die dritte Stelle fand sich in einer Abstellkammer. Hier wies ein Teil des Laminatfußbodens deutliche Spuren auf.“ Weil die Rauchgasentwicklung beträchtliche Ausmaße angenommen hatte, die Räume sehr verrußt waren, sei von einem Schwelbrand auszugehen. Das Tückische daran sei, dass die Glutnester stundenlang glimmen können. Bersten dann durch die starke Hitze die Fensterscheiben, kommt es schlagartig zu einem Flammeninferno, führte der Sachverständige aus. Obwohl im konkreten Fall bereits die inneren Scheiben geplatzt waren, sei man von einem solchen Szenario „noch meilenweit entfernt“ gewesen. Auch das angekippte Giebelfenster habe nicht gereicht, dem Feuer ausreichend Sauerstoff zuzuführen. Es sei nicht auszuschließen, dass es von selbst erloschen wäre.
„Ich habe alle infrage kommenden Geräte untersucht. Ein technischer Defekt lag nicht vor“, betonte der Experte. „Bei drei Bränden, die zu gleicher Zeit ausbrechen, kann man das ohnehin nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Es handelt sich eindeutig um Brandstiftung.“
Die erst kurz vor der Tat renovierte Bleibe wurde unbewohnbar. Gipskartonplatten der Wandverkleidung, die durch die Hitze geschädigt wurden, mussten ausgetauscht, die Elektroanlage erneuert werden. Verschiedene Einrichtungsgegenstände und elektronische Geräte des Mieters wurden zerstört.
Sowohl der junge Mann, der die Wohnung nach der Trennung von der Angeklagten bezogen hatte, als auch Mara M. sind bei der freiwilligen Feuerwehr – wie auch viele der an den vergangenen Verhandlungstagen gehörten Zeugen. Im vorigen Jahr tauchte bei Gericht und Verteidigung ein anonymes Schreiben auf, das eine Bekannte des Mieters der Tat bezichtigt. Die Verhandlung wird am Donnerstag mit den Plädoyers fortgesetzt. (*Namen geändert.) Hoga
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