
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Wohnungen statt Stadtkanal
Ein privates Bauvorhaben könnte das Aus für eines der zentralen Projekte der Potsdamer Mitte bedeuten
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Innenstadt - In den Broschüren zur Wiederherstellung der Potsdamer Mitte ist er schon lange als blaues Band eingezeichnet: der einstige Stadtkanal. Doch die seit Jahren geplante Wiederherstellung liegt auf Eis: Nachdem für die Bundesgartenschau 2001 das – heute trockenliegende – Teilstück an der Yorckstraße ausgehoben wurde, ist nicht mehr viel passiert. Bislang hieß es, mangelnde Fördermittel von Bund und Land seien der Grund für die Stagnation. Doch nun könnten die Pläne eines privaten Investors das ganze Projekt für immer unmöglich machen.
Dieser hat ein 1600 Quadratmeter großes Grundstück gekauft, das auf dem Gebiet des einstigen Stadtkanals liegt. Es handelt sich um eine Fläche am südlichen Ende der Dortustraße, nahe den Planitz-Inseln, Hausnummer 45a. Zurzeit stehe dort eine Fernwärmestation, sagte der Ingenieur Michael Ahlhorn den PNN. Er wurde von dem Investor, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, mit der Planung für das Projekt beauftragt und soll nun einen Bauantrag für ein mehrstöckiges Wohnhaus mit 50 Wohnungen erarbeiten. Das Grundstück hat der in Potsdam bereits bekannte Investor vom Land erworben, und das für nur 17 000 Euro, wie Ahlhorn bestätigte. Zu diesem – extrem niedrigen – Preis sei das Gelände ausgeschrieben gewesen. Anfang des Jahres sei der Kauf beurkundet worden, so Ahlhaus.
Der niedrige Preis rührt daher, dass das Grundstück im Flächennutzungsplan der Stadt nicht als Bau-, sondern als Straßenland ausgewiesen ist. Allerdings gibt es für das Gelände weder einen Bebauungsplan noch wurde es von der Stadt zum Sanierungsgebiet erklärt. Der Investor hat also durchaus das Recht, sich auf die umstehenden Häuser zu berufen und aus ihrer Existenz einen Bauantrag für ein Wohnhaus abzuleiten. „In unmittelbarer Nähe entsteht gerade ein Neubau mit sechs Etagen“, sagte Ahlhaus. Er plane derzeit mit einem vierstöckigen Bau. „In den oberen Stockwerken hätten die Bewohner sogar Wasserblick“, sagte er.
Nach derzeitigem Stand hat die Stadt keine Handhabe gegen dieses Bauvorhaben. Auch ein Vorkaufsrecht hätte sie nicht gehabt, wie Stadtsprecher Markus Klier auf PNN-Anfrage sagte. Doch einfach hinnehmen wird die Verwaltung den Bau nicht. Eine Bebauung dieser Flächen entspreche nicht den städtischen Interessen, betonte Klier und verwies auf die geplante Wiederherstellung des Stadtkanals.
Und ein weiteres Vorhaben des Investors geht der Verwaltung ebenfalls gegen den Strich. So will dieser laut Ahlhaus sein Grundstück einzäunen und die Durchfahrt zur Havel mit einer Schranke versehen – die Bootsbesitzer, deren Schiffe am Ufer jenseits des Bahndamms beziehungsweise an der Oberen Planitz liegen, könnten dann nicht mehr ohne Weiteres ans Wasser. Warum die Schranke? „Weil das sein privates Grundstück ist“, so die etwas trotzige Erklärung von Ahlhaus. Von der Stadt hieß es, es handele sich „zum großen Teil um öffentlich gewidmete Straßen“. Genau dieses Stück sei aber nicht im Eigentum der Stadt und daher auch nicht öffentlich gewidmet, konterte Ahlhaus.
Bei der Stadt wird man die Vorhaben des Investors als Provokation auffassen. Doch dieser ist im Recht, die Ausweisung als Sanierungsgebiet, die für den östlichen Teil des Stadtkanals vorliegt, wurde an dieser Stelle nicht vorgenommen. Einziger Ausweg scheint nun die Aufstellung eines B-Plans für das Gelände zu sein.
Tatsächlich plant die Bauverwaltung dies offenbar. Ein Aufstellungsbeschluss für einen solchen B-Plan würde der Stadt die Möglichkeit geben, die Bebauung zu steuern, sagte Klier. Mit anderen Worten: Ein Wohnhaus auf diesem Grundstück könnte verboten werden. Bis der B-Plan gilt, würde eine sogenannte Veränderungssperre gelten, ein Bauantrag müsste nicht bearbeitet werden. Beschließen die Stadtverordneten den Plan schließlich, müsste dem Investor der Verkehrswert für das Grundstück ausbezahlt werden – so er das verlangt. Derzeit dürften dies die 17 000 Euro sein, die der Investor Anfang des Jahres bezahlt hat. Denn prinzipiell ist das Land dazu verpflichtet, Grundstücke zum Verkehrswert zu verkaufen und wird es wohl auch in diesem Fall getan haben.
Doch der Investor will davon zurzeit nichts wissen und geht stattdessen in die Defensive: „Die Aufstellung eines Bebauungsplans hätte ein juristisches Nachspiel“, kündigte Ahlhaus an. „Wenn ein Eigentümer enteignet werden soll, muss erst mit ihm verhandelt werden.“ Der Investor sei jederzeit zu Gesprächen bereit, so Ahlhaus. „Aber da muss jetzt ein Signal von der Stadt kommen.“
So lange dies nicht geschehe, nehme er seine Aufgabe wahr und arbeite an dem Bauantrag, sagte Ahlhaus. „Ich sitze an den ersten Skizzen.“ Er und der Investor sind offenbar bereit, es darauf ankommen zu lassen. Dass damit der Stadtkanal für immer ad acta gelegt werden müsste, juckt sie daher wenig. Sie wollen schließlich Wohnungen bauen, keinen Kanal.
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