Aus dem GERICHTSSAAL: „Wovon sollte ich denn bezahlen?“ Mit Schizophrenie nicht voll schuldfähig
Der Gutachter bescheinigte Stefanie S. (28, Name geändert) eine Verminderung ihrer Übersichts- und Kritikfähigkeit sowie infantil-naive Ansichten in bestimmten Problemsituationen.
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Der Gutachter bescheinigte Stefanie S. (28, Name geändert) eine Verminderung ihrer Übersichts- und Kritikfähigkeit sowie infantil-naive Ansichten in bestimmten Problemsituationen. Allerdings sei die junge Mutter durchaus in der Lage, das Unrecht ihrer Tat einzusehen. „Ihre Fähigkeit, nach dieser Ansicht zu handeln, ist jedoch reduziert“, so der Mediziner. Stefanie S. leidet an paranoider Schizophrenie, befindet sich seit Ende September vorigen Jahres durchgehend in stationärer psychiatrischer Behandlung.
Am 21. Februar 2006 musste die arbeitslose Bürokauffrau ihr Leben allerdings noch alleine managen, eine Aufgabe, die ihr zunehmend schwerer fiel. An diesem Tag stahl sie im Supermarkt Real im Potsdamer Sterncenter Waren für über 200 Euro, darunter DVD- und CD-Player, CDs, Kerzen, aber auch Hackepeter, Tomaten, Nudeln samt Soße, Linsen, Kaffee und Schokolade. Doch sie wurde bei der Tat erwischt. Gestern wurde die Potsdamerin vom Amtsgericht wegen Diebstahls im Zustand verminderter Schuldfähigkeit zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt.
„Das Denken von Stefanie S. ist vom Denken eines psychisch Gesunden sehr weit entfernt“, betonte der Sachverständige. Vor diesem Hintergrund wurde die Aussage der Frau verständlicher. „Es ist doch unfair, dass ich so wenig Geld habe und einfach keine Arbeit finde. Wovon sollte ich die Sachen denn bezahlen? Ich bin schon einmal durchgekommen, ohne erwischt zu werden. Ich dachte, das klappt wieder“, berichtete die Angeklagte. „Außerdem wollte ich mich rächen. Ich hatte an diesem Morgen schon wieder eine Absage auf eine Bewerbung im Briefkasten. Das hat mich rasend gemacht.“
Ein Supermarkt-Detektiv beobachtete Stefanie S. bei ihrem Diebstahl, hielt sie fest, bevor sie den Markt verlassen konnte. „Er hat mich ziemlich hart angefasst. Das fand ich gar nicht nett“, beschwerte sie sich.
„Ich habe die junge Dame hinter dem Kassenbereich angesprochen und gebeten, mit ins Büro zu kommen“, berichtete der Detektiv im Zeugenstand. Doch Stefanie S. habe flüchten wollen. Gemeinsam mit einem Kollegen sei es schließlich gelungen, die wie wild um sich Schlagende zu bändigen. „Der Weg ins Büro führte an meinem Zigaretten- und Lottostand vorbei“, erzählte eine Verkäuferin. „In ihrer Rage hat die Frau meinen ganzen Tresen abgeräumt.“
Übrigens suchte Stefanie S. von selbst einen Psychologen auf, als sie vermutete, dass mit ihr etwas nicht stimme. „Ich konnte einfach nichts mehr auf die Reihe kriegen, habe bis Mittags geschlafen. Dann bin ich mit dem Fahrrad durch die Gegend gefahren“, sagte sie. „Durch mein Verhalten habe ich viele Freunde verloren.“ Der Arzt habe ihr sofort eine Überweisung für die Psychiatrie ausgestellt. Hoga
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