Aus dem GERICHTSSAAL: Wurde Tim vom Vater misshandelt?
Aussage der Ärztin soll Klarheit bringen
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Am Ende des Verhandlungstages gibt es zwar kein Urteil, dafür geharnischte Worte von Amtsrichterin Rita Franke. Es geht um eine gescheiterte Partnerbeziehung, um den Kampf eines Vaters, seine inzwischen dreijährigen Zwillinge regelmäßig zu sehen und den schweren Vorwurf der Mutter, der Mann habe den quirligen kleinen Tim* am 15. April vorigen Jahres während eines Besuchs bei ihm misshandelt. „Ihre Kinder sind zum Spielball ihrer persönlichen Querelen geworden. Sie kämpfen mit allen Mitteln, sogar mit den Mitteln der Strafanzeige“, glaubt die Vorsitzende. Für sie steht nach dem Abschluss der Beweisaufnahme keinesfalls fest, dass Thomas T.* (37) ein Rabenvater ist.
„Ich habe meine Kinder noch nie geschlagen“, beteuert der Informationselektroniker, der gern das gemeinsame Sorgerecht hätte. An besagtem Tag habe er Tim und Tom bei seiner Ex-Partnerin abgeholt. Das damals zweijährige Duo sei ihm von deren erwachsenem Sohn übergeben worden. Der habe die Kinder abends auch wieder in Empfang genommen. „Sie waren völlig in Ordnung.“
„Ich war gerade einkaufen, als mein großer Sohn Clemens anrief und sagte, ich soll schnell nach Hause kommen. Die Zwillinge sehen so merkwürdig aus“, berichtet Claudia C.* (48). „Die waren richtig verheult. Tim hatte eingetrocknetes Blut an der Nase, ein eingerissenes Ohrläppchen und einen roten Striemen am Hals. Auf den Wangen, am Bein und am Po waren blaue Flecke.“ Daraufhin sei sie mit dem Kleinen zur Polizei, danach zur Ärztin gefahren. Die attestierte Tim zwar rote Flecken an Wangen und Hals, mehrere ältere Hämatome sowie ein frisches am Schienbein, außerdem einen Virusinfekt mit hohem Fieber. Von einem eingerissenen Ohrläppchen sowie einer verletzten Nase vermerkte sie nichts.
„Kein Wunder, dass Tim Fieber bekommt, wenn er stundenlang weint“, wirft Claudia C. ein. Damals hätten sich die Kinder noch nicht äußern können. Monate später habe Tom dann gesagt: „Papa ist böse, Papa haut.“
„Mein Ex hätte die Kinder jederzeit sehen können“, beteuert die Frau. „Aber nach dieser Körperverletzung war natürlich Schluss.“ Die Vorsitzende wirft ein: „Das Gericht muss dem Angeklagten die Straftat nachweisen. Nach dem gegenwärtigen Stand ist das nicht möglich. Würden Sie die Ärztin, bei der Sie mit Ihrem Sohn waren, von ihrer Schweigepflicht entbinden?“ Claudia C. ist einverstanden. Die Verhandlung wird ausgesetzt. Zum neuen Termin soll die Medizinerin geladen werden. Das Gericht erhofft sich von ihrer Aussage Gewissheit darüber, in welcher Verfassung der kleine Tim nach dem Besuch bei seinem Vater wirklich war. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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