Landeshauptstadt: „Würfelbruch“ im Barockhaus
Sanierungsbeginn für Lindenstraße 14 und 15 – einer der letzten Schandflecke der City verschwindet
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Innenstadt - So etwas sieht auch Mario Türk nicht alle Tage. Der Architekt lässt den Blick über die offene Zimmerdecke schweifen. Ein paar Holzbalken ragen wie Zahnstocher aus dem Putz, durch sie hindurch kann man in das darunter liegende Zimmer schauen. Die Balken selbst, nun ja. „Würfelbruch“, sagt Türk und deutet auf die bröselige Struktur des Holzes. „Das ist klassischer Hausschwamm.“ Die Bausubstanz, bilanziert der Achitekt, sei „absolut schlecht“.
Er fällt dieses Urteil über das Barockhaus Lindenstraße 14. Doch Türk ist Experte dafür, aus solchen Ruinen wieder kleine Schmuckkästchen zu machen. Seit 15 Jahren arbeitet er für den Berliner Bauträger Thamm & Partner, der das Gebäude und seinen Nachbarn, die Lindenstraße 15, erworben hat und beide seit wenigen Wochen aufwendig sanieren lässt. Seit der Wende standen die Wohnungen leer, nur die Gewerberäume im Erdgeschoss wurden zumindest noch eine Zeitlang genutzt. Vor zehn Jahren strich ein Friseursalon die Segel, danach gab es noch einen Schreibwarenladen und zuletzt eine Kunstgalerie. Hauptmieter war zu der Zeit schon längst der Hausschwamm.
Eigentlich hatte die Sanierung bereits vor zwei Jahren beginnen sollen. Wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise habe man das Projekt aber verschoben, sagt Günter Reichelt, bei Thamm & Partner zuständig für Marketing und Verkauf. Dass sich die Märkte erholt haben, zeigt sich nun. Die Lindenstraße 15 ist schon an einen Investor weiterverkauft, der das Haus nach der Sanierung im Frühjahr 2012 schlüsselfertig übernimmt. Drei Wohnungen sollen entstehen, mit Terrassen und Balkonen, ins Erdgeschoss werden wieder zwei Geschäfte einziehen. Rund eine Million Euro soll die Sanierung des 1745 erbauten Hauses kosten.
Gut die doppelte Summe verschlingt die Wiederherstellung des Nachbarhauses, Lindenstraße 14. Das Obergeschoss des 1739 noch unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. errichteten Gebäudes soll in sechs Wohnungen aufgeteilt werden, ebenfalls mit Terrassen und Balkonen. Ebenfalls entstehen drei Gewerbeflächen, für die auch die beiden Nebengebäude im Innenhof genutzt werden sollen. Am Ende des Hofs wird zudem gerade ein Neubau hochgemauert: Unter dem Titel „Lindenhof“ entstehen dort weitere drei Wohnungen, alle barrierefrei über einen Aufzug zu erreichen. Auch dieses Objekt soll im kommenden Jahr fertig sein.
Obwohl die Bausubstanz der zwei barocken Vorderhäuser marode ist, will Architekt Türk so viel möglich retten. Wo das Holz noch verwendbar ist, wird nur der vom Schwamm befallene Teil entfernt und neues Holz angesetzt. Die alten Fenster werden aufgearbeitet, ein besonderer, weil runder Türrahmen bleibt ebenfalls in Absprache mit der Denkmalpflege erhalten. Eine „erstklassige Sanierung“ verspricht Reichelt, schließlich habe man „einen Ruf zu verlieren“. Den hat sich Thamm & Partner unter anderem mit der Sanierung des Barockhauses der früheren „Schlachteplatte“, dem heutigen „Weißen Schwan“ in der Dortustraße, erworben.
An anderer Stelle hat es der Bauträger nicht ganz so einfach. Wie berichtet stoßen Größe und Aussehen von zwei in der Leiblstraße geplanten, fünfgeschossigen Neubauten auf Kritik in der Anwohnerschaft. Der Architekt Volker Wiese hatte das benachbarte Grundstück mit dem Haus Dietz, einem Zeugnis Neuen Bauens in Potsdam, verkauft, weil er sich durch die Neubebauung gestört fühlte. Thamm & Partner, die das Neubauprojekt gemeinsam mit der Dr. Seifert Wilmersdorfer Hochbau AG realisieren, wollen nun die Wogen glätten. Am 21. Mai soll der erste Spatenstich erfolgen: Dazu werde man ein Fest ausrichten, die Nachbarn einladen und ihnen das Vorhaben erläutern, kündigt Reichelt an.
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