
© Manfred Thomas
Von Ingmar Höfgen: Yuki für alle
Turbine Potsdam drehte das Spiel gegen den 1. FFC Frankfurt nach 68 Minuten in Unterzahl mit 2:1 (0:0)
Stand:
Am liebsten hätten sich gestern fast alle der 1007 Zuschauer bei Yuki Nagasato persönlich bedankt. Mit ihrem sensationellen Kopfballtreffer zum 2:1-Endstand 17 Minuten vor dem Abpfiff brachte der japanische Wirbelwind Turbine Potsdam auf die kaum mehr für möglich gehaltene Siegesstraße gegen den Dauerrivalen 1. FFC Frankfurt. Zuvor hatte Anja Mittag mit einem Traumtor aus 20 Metern genau in den Winkel für das etwas überraschende 1:1 gesorgt. „Wir haben heute mit Glück, Verstand und unerbittlicher Willenstärke gewonnen“, resümierte ein glücklicher Turbine-Coach Bernd Schröder. In der Frauen-Bundesliga führen seine Mädchen jetzt mit neun Punkten die Tabelle an.
Der Sieg ist umso erstaunlicher, weil es bis zur 65. Minute überhaupt nicht danach aussah. Ab der 22. Minute mussten die Schützlinge von Bernd Schröder ohne Tabea Kemme auskommen. Beim Einwurf warf sie Kerstin Garefrekes den Ball aus einem Meter genau auf die Nase, woraufhin die Frankfurterin k.o. ging. Schiedsrichterin Miriam Dietz (Bad Sobernheim) zog folgerichtig Rot. Auch Frankfurts Trainer Sven Kahlert musste hinter die Bande, weil er Kemme auf dem Feld weggeschubst hat.
Auch wenn sich hinterher beide entschuldigten, so gab Kemmes Aktion doch Rätsel auf. „Wenn man sie kennt...“, begannen viele Erklärungsansätze, die mit „schließe ich mal aus, dass das eine vorsätzliche Aktion war.“ endeten. „Es war ein hochemotionales Spiel“, betonte Schröder. Kahlert beschwerte sich in harten Worten über verbale Aggressionen, die ihm auf der Tribüne aus nächster Nähe von Potsdamer Zuschauern ins Gesicht und ins Ohr geschrieen worden seien. Turbine will dies intern auswerten.
Den Potsdamerinnen war schon vor dem Fauxpas wenig gelungen. Die ins Tor gerückte Anna Felicitas Sarholz (Schröder: „Wir haben zwei gleichstarke Torhüterinnen.“) klärte einen Schuss von Garefrekes per Fuß (2.) und tauchte auch bei einem Schuss von Melanie Behringer (7.) rechtzeitig ab. Über weite Strecken bestimmten die erfahreneren Frankfurterinnen das Geschehen und fingen viele Bälle im Mittelfeld ab. Fatmire Bajramaj fand bei ihren Antritten kaum Anspielstationen, sonst kamen aus dem Mittelfeld wenig Impulse. Lediglich die Innenverteidigung überzeugte. Erst kurz vor der Pause kam Mittag zweimal dem Frankfurter Kasten nahe, blieb aber ohne Abschluss.
So war das 0:1 durch die von den Zuschauern bei jeder Ballberührung unverständlicherweise ausgepfiffenen Garefrekes (47.) verdient. Aber dann verlegten sich die erfahrenen Gäste auf das Verwalten des Vorsprungs, wie Kahlert monierte. Schröder wiederum traf eine harte, aber letztlich richtige Entscheidung, als er Yuki Nagasato für die nur 38 Minuten spielende Daniela Löwenberg brachte. Vor dem 1:1 erkämpfte die Japanerin den Ball auf der rechten Seite, vor dem 2:1 ging sie lange Wege und spekulierte auf die weite Flanke von Corina Schröder, die sie Nadine Angerer aus spitzestem Winkel durch die Arme köpfte.
Die Moral der Gäste war gebrochen. Sarholz wehrte noch einen Hingst-Volleyschuss ab und bewies auch in den letzten, verzweifelten Angriffen der Gäste ihre Coolness. Frankfurt sei nach 70 Minuten platt gewesen, vielleicht fehle etwas, vielleicht die Identifikation, mutmaßte Schröder bissig. Sicher ist nur: Beim nächsten Mal wird es wieder sehr emotional.
Turbine: Sarholz; Schmidt, Peter, Henning; Odebrecht, Zietz, Keßler (46. Schröder), Kemme; Mittag, Wich (27. Löwenberg, 65. Nagasato), Bajramaj.
Ingmar Höfgen
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