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Wohlfühlen bei den Pflegeeltern: Dieses fünf Monate alte Mädchen ist einer der Schützlinge von Tamara und Siegfried Haufe. Am Samstag gab es im Awo-Bürgerhaus in Bornim eine Feier für die 55 Pflegeeltern der Stadt.

© Manfred Thomas

Von Günter Schenke: Zahl der Pflegekinder steigt

Eltern auf Zeit gesucht / Zusammenarbeit mit Landkreis

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Bornim - Die Zahl der Pflegekinder in Potsdam hat in den letzten Jahren zugenommen. „Vor fünf Jahren waren ständig fünfzig Kinder zu betreuen, derzeit sind es über sechzig“, erklärte Adelheid Eisermann am Samstag am Rande einer Feier im Bürgerhaus Bornim. Eisermann ist eine der beiden Verantwortlichen für den Bereich der Pflegefamilien in der Stadtverwaltung. Die Kinder standen am im Mittelpunkt einer Abschlussfeier eines vom „Hans Igel - Verein für Integration & Theater“ geleiteten Projektes.

Offenbar sehen sich immer mehr Mütter und Familien nicht in der Lage, die eigenen Kinder bei sich aufzuziehen. Für kurze oder längere Zeiträume suchen sie daher um die Betreuung in einer Pflegefamilie beim Jugendamt nach. Die Gründe für die Entscheidung, das leibliche Kind in Pflege zu geben, sind vielschichtig: eine Mutter, die sich nach der Geburt des fünften Kindes mit dessen Betreuung überfordert fühlt oder eine andere, die auf sich allein gestellt in eine psychische Krise gerät. Die 57-jährige Tamara Haufe ist eine von derzeit 55 Pflegemüttern in der Stadt. „Diesmal musste es wieder mal ganz schnell gehen“, erzählt sie und kuschelt mit ihrer fünf Monate alten Pflegetochter, die sie vor zwei Tagen bekam „Die habe ich mir ausgeborgt“, sagt sie scherzhaft. Sie gehöre zu den Pflegemüttern, auf die das Jugendamt zurückgreifen kann, wenn es mal schnell gehen muss. Rund zwanzig Kleinkinder hat Haufe, die selbst kinderlos ist, gemeinsam mit ihrem Mann Siegfried bereits betreut – überwiegend mit Erfolg. „Bei Problemen kann ich mich jeder Zeit ans Jugendamt wenden“, sagt sie. Ihr erster Pflegling war ein dreijähriger Junge, den sie im Jahre 1985 aufnahm. „Der steht heute noch manchmal vor der Tür und fragt: Mutti, was gibt’s heute zu Essen“.

Jugendamtsleiter Norbert Schweers sagt, dass neben den derzeit 55 Pflegefamilien noch weitere gesucht werden. Vor allem Pflegeeltern, die die Rückführung der Kinder in die leibliche Familie akzeptieren, seien gefragt. Laut Eisermann sei das Aufwachsen in einer Familie „immer besser als die Unterbringung im Heim“. Natürlich müsse das Jugendamt die Pflegeeltern vorher gründlich prüfen. Die häusliche Situation und die pädagogische Eignung spielten eine wichtige Rolle. In persönlichen Gesprächen machen sich die Fachleute ein Bild von der Pflegefamilie und entscheiden, ob der Pflegling hier gut aufgehoben ist. Sowohl Alleinstehende als auch Ehepaare kämen in Frage. Überwiegend seien es Frauen, die sich bewerben. Eisermann kann sich nur an einen allein stehenden Pflegevater erinnern. Eine gesetzliche Altersgrenze gebe nicht, aber eine Familie, die ein Kleinkind betreuen wolle, müsse schon im dafür passenden Alter sein.

Schweers kündigte an, dass ab 2010 eine Kooperation mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark vorgesehen sei. So soll ein gemeinsamer Pflegekinderdienst eingerichtet werden, was die Suche nach Pflegeeltern erleichtern und so auch die Betreuung verbessern soll. Die Hauptstelle für den Pflegekinderdienst, in dem fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sein werden, befinde sich in Werder/Havel. Neben dem Jugendamt kümmert sich seit zwei Jahren in Potsdam ein Verein um die Belange der Pflege- und Adoptiveltern: PFAD, Verein für Pflege- und Adoptiveltern. „Wir wollen die Familien zusammenbinden“, nennt Vizechefin Katrin Lübbe, selbst Pflegemutter von drei Kindern, als Ziel. Das heiße vor allem, den Erfahrungsaustausch untereinander zu pflegen und mit Ämtern und Behörden zusammenzuarbeiten. „Es geht in erster Linie um unsere Kinder.“ Diese lebten oft mit zwei Müttern und Vätern. Es sei daher sehr wichtig, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein in dieser Situation sind. Schweers verkündete eine Erhöhung des monatlichen Pflegegeldes um 20 Euro ab Januar. Die meisten Pflegeeltern sind der Auskunft nach berufstätig. Das Pflegegeld in Höhe von 500 bis 700 Euro solle die Aufwendungen für die Betreuung kompensieren.

Günter Schenke

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