Aus dem GERICHTSSAAL: Zahnweh mit Folgen
Unfall auf dem Weg zum Arzt: 18-Jähriger nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt
Stand:
An manchen Tagen geht einfach alles schief. Und manchmal bahnt sich das Unheil schon mitten in der Nacht an. So wie bei Simon S.* (18). Der Pechvogel landete nach all dem Ungemach jetzt vor Gericht und kassierte wegen Unfallflucht 450 Euro Geldstrafe. Simon S. wurde sogar nach Erwachsenenstrafrecht sanktioniert: „Das war keine jugendtypische Verfehlung“, befand Richterin Rita Franke.
Simon S. – rote Haare, Sommersprossen, seit kurzem Paketzusteller mit unbefristetem Arbeitsvertrag – war am 7. Februar, einem Sonnabend, alleine zu Hause. Nach Mitternacht bekam er plötzlich heftige Zahnschmerzen. Als Tabletten nicht halfen, setzte er sich ans Steuer seines Ford, fuhr zum Bereitschaftsarzt. Auf dem Rückweg stieß er gegen einen am Straßenrand geparkten Fiat, verursachte an dem Gefährt einen Schaden von rund 3100 Euro. Eigentlich wusste Simon S., wie man sich in einem solchen Fall zu verhalten habe. Seine Fahrschulausbildung lag schließlich noch nicht lange zurück. Er kannte den Besitzer des Kleinwagens sogar vom Sehen, trotzdem gab er sich nicht als Unfallverursacher zu erkennen. „Ich wollte es ihm später sagen, ehrlich“, beteuerte der Angeklagte. „Aber ich war saumüde. Außerdem hatte ich Schiss“, gestand der Fahranfänger freimütig vor Gericht. „Wäre meine Mutter da gewesen, hätte ich es ihr bestimmt erzählt.“ Am darauf folgenden Sonntag war ein Fußballturnier seines Vereins angesetzt. Da konnte er nicht fernbleiben, begründete Simon S. sein weiteres Nichtstun. Inzwischen hatte der Fiat-Besitzer sein verbeultes Vehikel allerdings längst bemerkt und die Polizei informiert.
Die zur Verhandlung geladene Vertreterin der Jugendgerichtshilfe berichtete, Simon S. sei ein Einzelkind und habe zu Mutter sowie zur Oma ein sehr gutes Verhältnis. Obwohl er noch keine eigene Wohnung besitze, sei er ein verantwortungsbewusster junger Mann, der durchaus wisse, was er wolle. Doch in jener Nacht sei er offenbar überfordert gewesen. „Ein Zettel mit Ihren Personalien unter dem Scheibenwischer des Fiat wäre das Mindeste gewesen“, stellte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft klar. „Sie kannten den Fahrzeughalter. Trotzdem war es Ihnen am nächsten Tag wichtiger, Fußball zu spielen als ihn wenigstens dann von dem Unfall in Kenntnis zu setzen.“ Trotz seiner Festanstellung als Paketfahrer solle Simon S. neben der Geldstrafe ein Fahrverbot von einem Monat erhalten, forderte sie.
„Ich denke, der Angeklagte hat aus seinem Tun gelernt“, erklärte Richterin Franke in ihrer Urteilsbegründung. Deshalb sähe sie von der Verhängung eines Fahrverbots, das Simon S. möglicherweise seinen Job kosten könne, ab. (*Name geändert.)Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: