Landeshauptstadt: Zauberer des Kinos
Uwe Fleischer und Helge Trimpert öffnen die Trickkiste der Film-Kameraleute
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Babelsberg - Während Zauberkünstler ihre Tricks selten verraten, halten die „Zauberer des Kinos“, die Trick-Kameramänner, mit ihren Geheimnissen nicht hinterm Berg. In dem Buch von Uwe Fleischer und Helge Trimpert „Wie haben Sie“s gemacht...?“ ist nachzulesen , wie es kommt, dass sich Hans Albers im Film „Münchhausen“ auf der fliegenden Kanonenkugel halten kann oder wie sich Erwin Geschonneck im „Kalten Herz“ sekundenschnell vom Riesen in einen normalgroßen Menschen verwandelt.
Gestern stellte Fleischer die zweite erweiterte Auflage des Buches über die Filmtricks der Babelsberger Kameramänner im Kinosaal des FX-Centers vor. Mit zahlreichen Beispielen aus der Filmgeschichte sowie in Streifen von Studierenden der Filmhochschule gab er einen lebendigen Einblick in Szenentricks von Filmen wie „Metropolis“ , „Der Rat der Götter“ oder die zahlreichen Defa-Märchenfilme vom „Kleinen Muck“ bis zum „Teufel vom Mühlenberg“
„Die erste Auflage war vor drei Jahren gut gelaufen, und so hat sich der Schüren-Verlag in Marburg zu einer Neuauflage entschlossen“, berichtet Fleischer, ehemals Leiter der Defa-Trickabteilung. Er unterrichtet an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ Studierende der Fächer Kamera, Animation und Szenografie. Für diese ist die Veröffentlichung eine Art Handbuch für historische und moderne Filmtricks.
Doch das Buch ist mehr als eine technische Beschreibung; es ist eine kleine Geschichte des Babelsberger Filmstandortes. Diese beginnt im Jahre 1911, als der Kameramann Guido Seeber im Auftrag der Deutschen Bioscop Gesellschaft dort ein Fabrikgelände für die Filmproduktionen erwarb. Seeber war einer der ersten „Trickfilmer“, dessen Doppelgängeraufnahmen im „ Student von Prag“ im Jahre 1913 die Zuschauer in Verblüffung versetzt hatte. Dem Konzept des Buches von Fleischer und Trimpert folgend, erklärt Seeber in einem erfundenen Interview die damals üblichen Tricks: Bilder rückwärts laufen lassen, Zeitraffung und -dehnung, Doppelgängeraufnahmen, Doppel- und Mehrfachbelichtungen, Umkehrtrick. Seeber hat 1927 seine Tricks in einem Buch verewigt, das sogleich in russischer Übersetzung erschien - mit einem Vorwort von Sergej Eisenstein.
Ein weiteres fiktives Interview ist mit dem Maler, Erfinder und Kameramann Eugen Schüfftan abgedruckt. Schüfftan hat den Spiegeltrick, bis heute in unzähligen Filmszenen verwendet, erfunden. Dabei werden die Darsteller in ein Kulissenmodell eingespiegelt. Auf diese Weise kommen Massenszenen vor riesenhaften Aufbauten wie im Fritz-Lang-Film „Metropolis“ zustande. Ernst Kunstmann, der das Modell des Reichstagsdaches im „Der Rat der Götter“ naturgetreu in den realen Raum setzte, kommt ebenso zu Wort wie Kurt Marks und Erich Günther und als im letzten Kapitel das „digitale Zeitalter“ beginnt, Uwe Fleischer selbst.
Uwe Fleischer / Helge Trimpert: Wie haben Sie“s gemacht? Babelsberger Kameramänner öffnen ihre Trickkiste. 19,90 €, ISBN 3-89472-384-X
Günter Schenke
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