Aus dem GERICHTSSAAL: Zehn Monate Gefängnis für Unbelehrbaren
Mit 25 Vorstrafen, unter Bewährung stehend, erneut betrunken und ohne Erlaubnis gefahren
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Das Verlesen des Strafregisters von Hannes H. (Name geändert) dauert beinahe ebenso lange wie der Rest der Verhandlung. 25 Mal saß der Arbeitslose in seinem 45-jährigen Leben schon auf der Anklagebank, meist wegen Diebstahls, Schwarzfahrens, Trunkenheits- und Verkehrsdelikten, aber auch wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Hehlerei, Bedrohung und Urkundenfälschung. Addiert man widerrufene Bewährungen sowie schließlich verhängte Freiheitsstrafen, kommen etliche Jahre hinter Gittern zusammen. Beeindruckt haben sie Hannes H. anscheinend nicht. Obwohl noch bis zum Sommer 2009 unter Bewährung stehend, beschäftigt er die Justiz nun erneut – und kassiert von Amtsrichterin Waltraud Heep wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis prompt zehn Monate Haft. Da kann ihn auch sein rückhaltloses Geständnis nicht retten.
„Ich darf ja zu Hause nicht trinken. Deshalb bin ich am 31. Dezember 2005 mit einer Tasche voller Alkohol nach Potsdam gekommen“, erzählt der Berliner. Hier habe er in verschiedenen Parkanlagen eine Flasche nach der anderen geleert, zwischendurch einen Joint geraucht. Kurz vor Mitternacht habe er beschlossen, mit der S-Bahn retour zu fahren. „In einer Einfahrt der Heinrich-Mann-Allee, wo ich den letzten Schluck zu mir genommen habe, stand ein VW-Transporter. Die Scheibe der Beifahrertür war offen, der Zündschlüssel steckte. Da habe ich nicht lange überlegt und bin eingestiegen. Ich wollte aber nur bis zum Hauptbahnhof“, beteuert der Hartz-IV-Empfänger.
So weit kam Hannes H. allerdings nicht. Eine Polizeistreife stoppte den offensichtlich Betrunkenen Am Brauhausberg. Die ihm wenig später entnommene Blutprobe wies den aktuellen Gebrauch von Cannabis und 2,25 Promille aus. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel intus habe“, erklärt der Mann ohne erlernten Beruf lakonisch. „Sonst hätte ich mich doch nicht ans Steuer gesetzt.“ Dass ihm die Fahrerlaubnis wegen diverser Trunkenheitstouren bereits vor Jahren entzogen wurde, habe er in dem Moment verdrängt. Aber jetzt – so Hannes H. – solle alles anders werden. „Ich war vor ein paar Tagen zur Entgiftung. Seitdem bin ich trocken. Außerdem habe ich mich einer Selbsthilfegruppe angeschlossen“, betont er stolz. Amtsrichterin Heep gibt zu bedenken: „Sie sind nach zwei Langzeittherapien, die Ihnen von der Gesellschaft bezahlt wurden, wieder rückfällig geworden. Ich glaube nicht, dass sie es schaffen, dauerhaft vom Alkohol loszukommen.“
„Ihr Vorstrafenregister sprengt den Rahmen des allgemein Üblichen“, wettert der Staatsanwalt. Außerdem sind Sie Bewährungsversager. Mit Milde können Sie da nicht mehr rechnen.“ Ginge es nach ihm, so würde Hannes H. für ein ganzes Jahr hinter „schwedischen Gardinen“ verschwinden. Die Verteidigerin beruft sich auf die Umstände, die es ihrem Mandanten sehr leicht gemacht hätten, erneut straffällig zu werden. „Er hat einfach die Gunst der Stunde genutzt“, resümiert sie, erntet von der Vorsitzenden ein Kopfschütteln. „Die Justiz hat sich im Falle des Angeklagten in der Vergangenheit lächerlich gemacht. Er erhielt unendlich viele Bewährungschancen. Ich mache mich heute nicht lächerlich. Eine Haftstrafe ist vonnöten.“ Hoga
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