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Landeshauptstadt: Zeitspiel um Garagen

Eigentümer befürchten, dass sie um ihre Entschädigung gebracht werden sollen

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Eigentümer befürchten, dass sie um ihre Entschädigung gebracht werden sollen Von Erhart Hohenstein Die 3500 Potsdamer, die in der DDR-Zeit auf städtischem Grund Garagen gebaut haben, fühlen sich einem bedrohlichen Zeitspiel ausgeliefert. Sie befürchten, dass die Klärung des Garagenstreits bis zum Ablauf des Jahres 2006 hinausgezögert wird, wonach sie als Eigentümer „auf fremden Grund“ laut Schuldrechtsanpassungsgesetz entschädigungslos enteignet werden können. Dieser Tenor bestimmte am Donnerstagabend im „Stern-Zeichen“ die Sitzung des von 23 Vereinen und Gemeinschaften gebildeten Garagenbeirats. Die Befürchtungen erscheinen nicht unbegründet, denn die von Oberbürgermeister Matthias Platzeck 2001 angekündigte und von seinem Nachfolger Jann Jakobs im September 2003 bestätigte „sozialverträgliche Lösung“ lässt nach wie vor auf sich warten. Der Vorsitzende des Sprecherrates, Joachim Dutschmann, warf Jakobs und seiner Verwaltung vor, die Stadtverordnetenversammlung zu missachten. So seien deren Mehrheitsbeschlüsse zu einer solchen Lösung sowie zur Rückabwicklung aller Kaufverträge mit der Gewoba-Tochtergesellschaft Polo und zum Verkauf der Grundstücke an die Garagengemeinschaften übergangen worden. Vielmehr wurde Dutschmann mitgeteilt, der Verkauf an die Polo ließe sich nicht rückgängig machen und erlange nach der Überweisung der Kaufsumme Ende März Rechtskraft. Die Nachfrage der Garagenbeirats vom 16. Februar 2004, wann endlich eine vertragliche Regelung getroffen werde, ließ der Oberbürgermeister am 1. März mit einem Sieben-Zeilen-Schreiben beantworten, wonach „die Stadtverwaltung nicht in Untätigkeit verharrt“. Immerhin kündigte er dem Beirat noch für diese Woche ein Gespräch mit Gewoba- und Polo-Geschäftsführer Müller-Zinsius an. Bis gestern war dazu jedoch keine Einladung eingetroffen. Die drei großen Garagenvereine in Potsdam-West bemühen sich seit Oktober 2003 um einen angepassten Pachtvertrag. Mit Polo und deren Geschäftsbesorger asenticon hatten sie damals in einem Gespräch vereinbart, grundsätzliche Vorschläge für einen Vertragsentwurf einzureichen. Darin seien sie wesentlich den Vorstellungen von asenticon gefolgt. Sie gehen von den Bestimmungen der alten Verträge aus, ohne einen moderate Pachterhöhung auszuschließen. Die Laufzeit sollte bis zum Jahr 2011 reichen. Mehrfache Nachfragen ergaben jetzt, also fast ein halbes Jahr später, die vage mündliche Auskunft, man wolle sich nunmehr mit dem Vorschlag beschäftigen. Die beiden Garagenvereine in der Waldstadt bemühen sich sogar seit April 2003 vergeblich um einen Kontakt zu asenticon. Der Garagenbeirat will erneut Schreiben mit der Forderung nach Rücknahme der Entschädigungsbefristung an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und brandenburgische Bundestagsabgeordnete richten. Platzeck, der in Potsdams Plattenbaugebieten für den Landtag kandidiert, soll auf Wahlveranstaltungen wegen seiner nicht eingehaltenen Zusagen angegangen werden. Gewoba, Polo bzw. asenticon haben inzwischen begonnen, ersten Garagengemeinschaften Pachterhöhungen um etwa 80 Euro auf knapp 204 Euro jährlich abzuverlangen. Der Verein in der Babelsberger Röhrenstraße hat davor bereits kapituliert. Für die kaufwilligen Vereine am Stern werden nun als Kaufpreis rund 3000 Euro statt der in Aussicht genommenen 2200 Euro verlangt. Der Garagenstreit geht weiter.

Erhart Hohenstein

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