Aus dem GERICHTSSAAL: Zeuge: Täter war größer
31-Jähriger geriet unschuldig in die Fänge der Justiz
Stand:
„Sie sind vollkommen unschuldig in die Fänge der Justiz geraten. Entschuldigung im Namen des Volkes“, erklärt Richterin Birgit von Bülow nach nur halbstündiger Schöffengerichtsverhandlung. Roland R.* (31) verlässt den Verhandlungssaal als freier Mann. Dabei war er wegen räuberischen Diebstahls angeklagt – einem Verbrechen, das mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet wird.
Laut Staatsanwaltschaft soll Roland R. am Nachmittag des 11. August 2010 in einem Potsdamer REWE-Markt eine Flasche Weizenkorn in seinen Hosenbund gesteckt und den Kassenbereich passiert haben, ohne den Hochprozentigen zu bezahlen. Als ein Ladendetektiv den Durstigen stellen wollte, soll er gerufen haben: „Lass mich in Ruhe, du Sack“. Dann soll Roland R. dem Sicherheitsmitarbeiter einen Schubs versetzt haben, so dass dieser nach hinten fiel und geflüchtet sein.
„Ich war das nicht. Ich war an diesem Tag arbeiten“, beteuert der Mann auf der Anklagebank. Um die Aussage seines Mandanten zu untermauern, reicht Verteidiger Karsten Beckmann die Kopie eines Wochen-Stundenzettels zu den Gerichtsakten. Dieser sorgt erst einmal für Verwirrung, da der darauf dokumentierte Zeitraum mehr als einen Monat umfasst. Auch ist keinerlei Unterschrift zu entdecken.
Der in den Zeugenstand gerufene Detektiv betont: „Der Angeklagte hat zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Täter. Aber er war es nicht. Der Räuber war viel größer und sein Gesicht war schmaler. Das habe ich bei der Wahllichtbildvorlage der Polizei auch gesagt. Außerdem hatte er ein blau-schwarzes Skorpion-Tattoo am Hals und eine Mittelglatze, auch Luftlandeplatz genannt.“ Roland R. habe er vorhin auf dem Gerichtsflur zum ersten Mal gesehen.
Robert R. trägt die Haare extrem kurz. Würde er sie wachsen lassen, wäre sein gesamter Kopf bedeckt. Eine Tätowierung hat er nicht. Der ebenfalls zur Verhandlung geladene Kassierer ist sich sicher: „Der Angeklagte war es nicht.“ Zwar habe er den Dieb nur kurz gesehen, sich aber dessen Äußeres – vor allem Haartracht und Größe – eingeprägt. „Der Stundenzettel - obwohl nicht ganz korrekt ausgefüllt - belegt, dass der Angeklagte am 11. August auf seiner Arbeitsstelle war. Außerdem haben beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass er nicht der Täter war“, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. (*Name geändert.) Hoga
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