Aus dem GERICHTSSAAL: Zeugin: Ein Geruch nach Verwesung
Mieterstreit in einer Wohnung Am Stern
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Aus dem GERICHTSSAALMieterstreit in einer Wohnung Am Stern Fünf Mal gelang es Paul P.* (65), sich mit den abenteuerlichsten Entschuldigungen vor dem Prozess zu drücken. Nun wird er in Handfesseln von zwei Justizbeamten in den Verhandlungssaal eskortiert. „Wat soll ick jemacht haben? Sprechen Sie mal lauter, ick höre ein bisschen schwer!“, fordert der Rentner den Staatsanwalt auf. Der wiederholt geduldig den Inhalt des Strafbefehls, gegen den Paul P. Einspruch einlegte. Der Potsdamer soll am Nachmittag des 11. September 2004 im Hausflur seiner Wohnung in der Galileistraße eine Nachbarin als Miststück und Hure betitelt, ihr gar die Faust auf die Nase gehauen haben. „So war det doch überhaupt nicht!“, stellt der Angeklagte lautstark klar. „Ick habe jeschlafen, da hat sie mir rausjeklingelt und behauptet, aus meiner Wohnung stinkt es. Ick habe ihr vorjeschlagen, sie kann ja kommen und sauber machen.“ Amtsrichter Francois Eckardt vergewissert sich: „Sie haben die Frau also nicht angerührt?“ Der Stern-Bewohner räumt nun ein, die Nachbarin weggeschubst zu haben. „Aber an der Nase habe ick sie nicht jetroffen.“ Dann berichtet er von seiner 84-jährigen Ehefrau, die leider ein bisschen viel trinke und die Hausarbeit vernachlässige. „Ick kann doch ooch nich jeden Tag sauber machen“, erklärt er. „Ich kam nach Hause, als mir wieder einmal der Verwesungsgestank im Flur auffiel“, erinnert sich Corinna C.* (21) im Zeugenstand.“ Als Quelle habe sie eindeutig die Wohnung der Eheleute P. identifiziert, deren Tür offen stand, erzählt die Friseuse. Sie habe Herrn P. aufgefordert, die Tür zu schließen. „Da brüllte er mich an, ich sei ein faules Miststück, das zu viel Zeit habe. Die könne ich nutzen, um bei ihm zu putzen. Ich wollte gerade gehen, da holte er unvermittelt aus und schlug mir seine Faust auf die Nase.“ Paul P. hält es kaum noch auf seinem Platz. Was die Zeugin erzähle, sei erstunken und erlogen. „Ick prügle ja nich mal meine Frau“, gibt er zum besten. Der Vorsitzende verliest einen Vermerk der zu Hilfe gerufenen Ordnungshüter. In dem ist von einem starken Eigengeruch der sehr unordentlichen Wohnung die Rede, von Essensresten, verunreinigten Türklinken und einem kleinen schwarzen Hund inmitten des Chaos. Dann rät er dem Angeklagten, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl in Höhe von 600 Euro zurückzunehmen. Paul P. stimmt widerwillig zu. (Namen geändert.) Hoga
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