Aus dem GERICHTSSAAL: Zeugin: Hundeleine flog haarscharf an meinem Kopf vorbei
Gericht ging von versuchter gefährlicher Körperverletzung aus / Täter muss 2500 Euro Geldstrafe zahlen
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„Ihr Gesicht kommt mir extrem bekannt vor“, begrüßt Amtsrichter Francois Eckardt den Angeklagten. Thomas T.* (30), lang und schlaksig – grinst verlegen. Sein Vorstrafenregister verzeichnet Urteile wegen Diebstahls, Verkehrsdelikten, Beleidigung sowie gefährlicher Körperverletzung. Obwohl der Gebäudereiniger wegen einer Schlägerei im „Klosterkeller“ noch bis Februar 2010 unter Bewährung stand, soll er am 10. November vorigen Jahres erneut gewalttätig geworden sein. Laut Staatsanwaltschaft schleuderte er an jenem Nachmittag in Drewitz die Leine seines großen Hundes gezielt in Richtung einer jungen Frau. Das mit zwei massiven Karabinerhaken versehene Wurfgeschoss soll den Kopf der Potsdamerin nur knapp verfehlt haben. „Hätte die Leine getroffen, wären erhebliche Verletzungen die Folge gewesen“, betont die Vertreterin der Anklage. Thomas T. wiegelt ab. „Ich wollte der jungen Dame nichts tun. Der Wurf galt meinem Hund. Er sollte stehenbleiben. Weil er nicht hörte, flog die Leine.“ Die sei etwa zehn Meter hinter der Frau in einem Gebüsch gelandet.
Lara L.* (20) präsentiert im Zeugenstand eine andere Version. Und die klingt bedeutend drastischer. „Ich ging mit meinem kleinen Jack-Russel-Mix Gassi. Weil keine Leute in der Nähe waren, habe ich ihn frei laufen lassen, damit er sich austoben kann. Auf einmal stand der Angeklagte mit seinem großen Tier vor mir und sagte, ich soll mein blödes Vieh wegnehmen, sonst beißt ihm sein Hund die Kehle durch. Dann hat er mich als dumme Kuh bezeichnet.“ Sie habe daraufhin ihren Mischling auf den Arm genommen, sei Richtung Wohnung gelaufen, erzählt Lara L. Plötzlich sei etwas „haarscharf an ihrem Kopf vorbeigezischt“. „Ich dreht mich um und fragte ihn, ob er wahnsinnig sei. Aber er beschimpfte mich und den Hund weiter. Dabei ist mein Jack Russel so friedlich. Der würde sich sogar über einen Einbrecher freuen,“ berichtet die Zeugin. Der Angeklagte habe sich immer weiter in seine Wut hineingesteigert. „Vielleicht hat er sich geärgert, dass er mich nicht getroffen hat“, vermutet Lara L. „Als ich kurz vor meiner Haustür war, sprang er mich plötzlich von hinten an. Ich krachte mit der Schulter und dem Kopf in die doppelt verglaste Scheibe. Die ging zu Bruch.“ Verletzt habe sie sich dabei zum Glück nicht. „Allerdings ich hatte ziemliche Kopfschmerzen“, erinnert sie sich. „Ich kannte die Dame vorher gar nicht. Aber von Bekannten habe ich erfahren, dass sie schon öfter mit anderen Leuten Klimbim hatte“, begehrt Thomas T. auf. „Ich habe keinen Grund, an der Aussage der Zeugin zu zweifeln“, pariert die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. „Sie hatten sich wieder einmal nicht im Griff. Ich rate Ihnen, solchen Situationen künftig aus dem Weg zu gehen.“ „Statt zu hauen haben Sie diesmal die Leine benutzt. Das ist aber auch verboten“, konstatiert der Richter und verurteilt Thomas T. wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 2500 Euro. (*Name von der Redaktion geändert.) Hoga
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