Von Guido Berg: Zinsen in die Tonne treten?
Stadt kassierte über eine Million zu viel Müllgebühren / Rückzahlung peu à peu
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Die Stadt Potsdam hat bei den Potsdamern Abfallgebühren in Millionen-Höhe zu viel einkassiert – bezeichnet es aber als „kaum vermittelbar“, den Bürgern dieses Geld unverzüglich zurückzuzahlen. Stattdessen sollen die insgesamt zu viel erhobenen 1,35 Millionen Euro in einem Zeitraum von fünf Jahren rückerstattet werden, durch Senkung der jährlichen AbfallGebühren zwischen sechs und acht Prozent. Der Finanzausschuss befürwortete die entsprechende Änderung der Abfallgebührensatzung am Donnerstagabend zwar mit Mehrheit – einige Stadtverordnete äußerten jedoch starke rechtliche und ethische Bedenken.
Würde die Stadt die zu viel gezahlten Gebühren gleich 2009 „auf einen Schlag“ zurückerstatten, käme dies einer Gebührensenkung von 40 Prozent gleich – um im darauffolgenden Jahr wieder auf 100 Prozent zu steigen, begründete Verwaltungsmitarbeiter Klaus-Dieter Bolze das städtische Vorgehen. „Das wäre kaum vermittelbar“, so Bolze. Der gewählte Weg sei „der elegantere und plausiblere“. Die Reaktion darauf kam prompt: Die Stadt müsse dem Bürger dann auch mitteilen, wie viel seines Geldes sie weiter einbehält „um sein Nervenkostüm zu schonen“, ätzte Pete Heuer (Die Linke). Er fragte: „Ist es zulässig, weiter zu viel eingenommenes Geld einzubehalten?“ Der Finanzbeigeordnete Burkhard Exner (SPD) erklärte, das gewählte Verfahren der verzögerten Rückzahlung sei mit der Kommunalaufsicht des Landesinnenministeriums abgestimmt.
Er habe trotz einer Genehmigung durch das Innenministerium „Schwierigkeiten damit, das Geld gebremst wie durch ein Wehr zurückfließen zu lassen“, erklärte der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Peter Schüler (Bündnisgrüne). Die Verzögerung bringe rechtliche Probleme mit sich. Zudem, so Schüler, müsste das weiter einbehaltene Geld verzinst werden. Dazu erklärte Exner, er könne die Frage der Verzinsung nicht sofort beantworten. Der neue Ausschussvorsitzende Harald Kümmel (SPD) versuchte zu beruhigen: „Das Geld ist ja nicht verloren, selbst wenn es zum Teil in der Rückstellung verbleibt.“ Auch Peter Schultheiß (CDU) sieht „kein Problem mit den Zinsen“. Das Geld über Jahre zurückzuzahlen sei „eine gute Regelung“.
„Bauchschmerzen“ damit, die Gebühren erst „dem Gebührenzahler der Zukunft zurückerstatten“, äußerte der Vorsitzende des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Ludwig Burkardt. Wie er gestern gegenüber den PNN in einer ersten Einschätzung sagte, müsste das Verfahren juristisch geprüft werden. Der Bürger habe einen Anspruch, das durch ihn zu viel gezahlte Geld zurückzubekommen. Es handele sich um eine beachtliche Summe, stellte Burkhardt fest. Dennoch stelle das Argument, es bestehe die Gefahr, die Kunden könnten sich bei einer einmaligen Gebührenreduzierung um 40 Prozent an den niedrigen Wert gewöhnen, „keine rechtlich relevante Überlegung“ dar. Seiner Ansicht nach müsste das Geld im Jahr nach der überhöhten Erhebung zurückgezahlt werden. Zudem stünden dem Gebührenzahler die Zinserträge zu.
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