zum Hauptinhalt

Links und rechts der Langen Brücke: Zirkus Maximus

Jan Brunzlow über Bedarfe, die nicht bedient werden sollen, und einen Dompteur, der sich von einem Leitwolf durch die Manage führen lässt

Stand:

Der Zirkus Kommunalpolitik gastiert mit einem unterhaltsamen, wenn auch nicht immer verständlichen Programm in der Landeshauptstadt. Hauptattraktion der letzten Show: Hans-Jürgen Scharfenberg in der Rolle des Leitwolfes der Linken zieht Oberbürgermeister und Dompteur Jann Jakobs an der Nase durch die Manege. Und da das Programm so überaus erfolgreich war, wird wohl auch die kommende Vorstellung in der gleichen Besetzung ausverkauft sein. Denn Jakobs hat es in dieser Woche verpasst, einen im Vorfeld in die Ecke gedrängten Scharfenberg als großen Verlierer aussehen zu lassen und somit das erste Duell nach Bekanntgabe seiner Kandidatur zur Kommunalwahl in Scharfenbergs Wahlkreis für sich zu entscheiden. Ein Sieg, den ihm der Kämmerer mit den Stimmen der Mehrheit der Stadtverordneten für 140 000 Euro hätte kaufen können. So viel hätten die Mehrausgaben gekostet, die die Stadtverordneten vorher noch mal schnell für das laufende Jahr beschlossen. Doch es kam anders. Auf diese Art und Weise wollte Jakobs nicht gewinnen. Er sagte Nein zum Haushalt. Sogar ein Doppelsieg wäre drin gewesen. Denn die Hauptforderung Scharfenbergs, ein kostenfreies Schulessen für alle bedürftigen Schüler, war in dem Paket schon nicht mehr enthalten. Wäre der Haushalt so durchgekommen, hätte Scharfenberg sich zwar als standhaft feiern lassen können, aber als standhafter Verlierer. Stattdessen gibt es ein neues Showelement im Potsdamer Zirkus Maximus – die Schulsozialarbeiter haben die Bühne betreten. Zehn Stellen zusätzlich sind von den Stadtverordneten im Zuge der Haushaltsdiskussion beschlossen worden – genau die Anzahl, die noch fehlt, um den von Schulen angemeldeten und vom Schulamt gesehenen Bedarf zu decken. Nun droht der SPD ein neuer Imageverlust in der öffentlichen Debatte. Denn hatte man über ein kostenfreies Schulessen trefflich streiten können, ist der Bedarf an Schulsozialarbeitern Konsens. Das Jugendamt sieht sogar an jeder Schule Bedarf und selbst die SPD hat sich in ihrem Wahlprogramm für mehr Schulsozialarbeiter ausgesprochen. Eine unnötig neu eröffnete Diskussion also, die den städtischen Haushalt in diesem Jahr nur an der zweiten Stelle hinter dem Komma beeinflusst hätte. So hat der Dompteur vorerst weiter mit dem wild-wütenden Leitwolf zu kämpfen. Vorhang auf, was für ein Zirkus!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })