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Aus dem GERICHTSSAAL: Zivildienst geschwänzt – Bewährung „Ich dachte nicht, dass so viele Leute sterben“

Kaum hatte Magnus M.* (20) seinen Zivildienst im Altenpflegeheim Hasenheyer-Stift in der Meistersingerstraße begonnen, blieb er ihm auch schon fern.

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Kaum hatte Magnus M.* (20) seinen Zivildienst im Altenpflegeheim Hasenheyer-Stift in der Meistersingerstraße begonnen, blieb er ihm auch schon fern. Insgesamt 83 Tage drückte sich der anerkannte Kriegsdienstverweigerer zwischen dem 13. August und dem 12. November 2007 vor seiner Pflicht. Das brachte ihm gestern eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ein, die von Amtsrichterin Rita Franke zu zwei Jahren Bewährung ausgesetzt wurde.

„Ich wusste ja, dass in diesem Heim alte Menschen leben. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass so viele sterben“, begründete der Fach-Abiturient mit Tränen in den Augen sein Schwänzen. „So krass habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Eigentlich – so Magnus M. – sei er nicht der Mensch, der Freunde oder Kollegen im Stich lasse. Aber er habe einfach nicht die Kraft gehabt, seinen Pflichten nachzukommen.

„Sie sind schlichtweg untergetaucht, haben ihr Handy ausgestellt und waren nicht mehr unter Ihrer Meldeadresse zu erreichen“, rügte die Richterin. „Warum haben Sie nicht mit Ihrer Vorgesetzten geredet?“ , fragte sie. „Ich hatte Angst vor so einem Gespräch“, gestand Magnus M. mit dem Kindergesicht leise. Inzwischen diene er die versäumte Zeit nach. Allerdings sei er jetzt nicht mehr als Pflegekraft, sondern als Hausmeister eingesetzt. „Das macht mir Spaß, und ich komme mit allen klar. Am Wochenende fahre ich auch Essen aus.“

Das konnte die als Zeugin geladene Pflegedienstleiterin des Hasenheyer-Stifts nur bestätigen. „Magnus M. arbeitet sehr gut mit allen zusammen, mit denen er zu tun hat. Hätte er sich mir anvertraut, wäre die Situation nicht so eskaliert“, betonte die auch für die Zivildienstleistenden des Stifts Verantwortliche. „Doch er hat mir leider erst im Nachhinein gesagt, wie sehr ihn die Arbeit belastet hat.“ Der Altersdurchschnitt im Hause liege bei 85 Jahren. Ein Drittel davon sei hochgradig pflegebedürftig, 75 Prozent der Bewohner seien demenzkrank, berichtete die Zeugin. Für „Pflege-Zivis“ würde zwar ein „Schnuppertag“ eingerichtet, um sie mit den Aufgaben der Einrichtung vertraut zu machen. „Das hat sich in der Regel bewährt. Aber vielleicht reicht es manchmal nicht aus“, schätzte sie ein. Jetzt, wo Magnus M. nicht mehr direkt mit den Heimbewohnern zu tun habe, pflege er einen durchaus positiven Umgang mit ihnen.

„Zivildienst als Ersatz für den Dienst mit der Waffe ist eine staatsbürgerliche Pflicht. Der muss man nachkommen“, stellte der Staatsanwalt klar. „Was Sie sich geleistet haben, ist ein dickes Ding.“ (*Name geändert.) Hoga

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