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LEUTE in Potsdam: Zu Hause ankommen

Klaus-Peter Staedke arbeitet im Ausländerbeirat

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Das ehemalige Übergangsheim in der Kirschallee steht leer. Bis Anfang Dezember wohnten dort noch jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Doch dann zogen sie auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aus – in eigene Wohnungen. Begleitet haben die mehr als 70 Menschen auch die Mitglieder des Ausländerbeirats der Stadt, allen voran Klaus-Peter Staedke. Dabei ist Staedke gar kein Ausländer, sondern gebürtiger Potsdamer.

Als der heute 65-Jährige vor gut zwei Jahren arbeitslos wurde, suchte er nach einer neuen Aufgabe. Er wollte „fit bleiben“. Also schaute er sich um und entdeckte für sich die Arbeit im Ausländerbeirat. Zunächst hospitierte er, dann übernahm er Verantwortung.

Er kümmerte sich um Familien und Alleinstehende, von denen einige fast fünf Jahre im Bornstedter Wohnheim gewohnt hatten. Er half ihnen, nun ein Zuhause nach eigenem Geschmack finden. „Das war nicht einfach“, sagt Staedke. Sei es, dass ein ganzer Hausaufgang am liebsten auch in Zukunft zusammen leben wollte oder aber, dass die Wahl des neuen Domizils besonders schwer fiel. „Viele waren es gar nicht gewöhnt, sich eine Wohnung nach eigenen Vorstellungen auszusuchen.“ Einige fünfköpfige Familien gaben sich etwa mit zwei Zimmern zufrieden. Auch haben manchen die modernen Wohnungen mit amerikanischer Küche irritiert. Letztlich jedoch hat alles geklappt: Die Menschen aus den 46 Wohneinheiten in der Kirschallee leben nun im gesamten Potsdamer Stadtgebiet verteilt. Sie können nach wie vor den Kontakt untereinander pflegen, haben aber auch endlich die Möglichkeit, ihre deutschen Nachbarn kennen zu lernen.

Manchmal muss Klaus-Peter Staedke sich allerdings in den Kennenlernprozess noch einmischen, um einen Streit zu schlichten. Viel Unmut entstehe dabei aus Unwissenheit, glaubt er. Sei es, dass die neuen Mieter in ein Haus einziehen und sich nicht an der Reinigung des Hausflures beteiligen. „Oft liegt es daran, dass sie gar nicht wissen, dass sie das tun müssen.“ Kurzerhand hat Staedke die wichtigsten Punkte der Hausordnung ins Russische übersetzen lassen – aber auch ins Englische, Französische und Vietnamesische für andere Mieter mit Migrationshintergrund. Zudem hat er die Veranstaltungsreihe „Zuhause in Potsdam“ initiiert, zu der Potsdamer und Zuwanderer eingeladen sind, um sich gemeinsam über Fragen des täglichen Lebens zu informieren.

Für sein ehrenamtliches Engagement erhält Staedke manchmal kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten. Ihm fällt es schwer darüber zu reden, weil ihn die kleinen Gesten zu sehr rühren. Er helfe gern, sagt Staedke einfach nur über sich und seine Arbeit. Und Verantwortung habe er schon in seinem Berufsleben immer getragen.

Nachdem er in Rostock Landwirtschaft studiert hatte, leitete er später unter anderem eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) und nach der Wende im Norden Berlins den Lagerein- und ausgang eines großen Supermarktes. In all den Jahren habe er seine Frau Hansi und die beiden Töchter oft allein gelassen. Das bedauere er. Heute haben seine Kinder bereits eigenen Nachwuchs. Als er von seinen vier Enkelkindern zu erzählen beginnt, geht ein Lachen über sein Gesicht. Er ist stolz über den Jüngsten, der grade sein „Freiwilliges Ökologisches Jahr“ macht und auch auf seine Enkelin, die zurzeit in Indien ist.

Er selbst träumt davon, mit seiner Frau nach Sankt Petersburg zu reisen. So lerne er vielleicht auch die Heimat der Menschen besser kennen, denen er in ihrem neuen Zuhause Potsdam hilft.U.Strube

U.Strube

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