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Sport: Zu viel Ruhe vor dem Sturm

Dem SV Babelsberg fehlt ein lauter Tonangeber

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Einmal wurde es richtig laut. „Macht die Dinger rein“, schrie Marvin Gladrow über die Trainingswiese hinter dem Karl-Liebknecht-Stadion, auf der die Fußballer des Regionalligisten SV Babelsberg 03 ihre Übungseinheiten absolvieren. Als bei der verordneten Angriffsform auch der sechste Spieler das Tor nicht traf, entlud sich der Unmut des Torhüters lautstark in der Aufforderung, es endlich besser zu machen. Zwar ist der holprige Trainingsplatz wenig tauglich, um sich Selbstvertrauen beim Torabschluss zu holen, doch blieb Gladrow der einzige Spieler, der den Erfolg hörbar gefordert hatte. Ansonsten ging es still zu beim Mannschaftstraining – wenige Tage vor dem schwierigen Auswärtsspiel gegen den 1. FC Magdeburg am morgigen Sonntag (13.30 Uhr).

„Ich weiß“, sagt Nulldrei-Trainer Cem Efe, „es ist zu ruhig.“ Er hätte gern wenigstens einen Spieler, der sich – in der Fußballersprache – als „Drecksau“ auszeichnet. „Der mal dazwischenhaut“, wie Efe sagt. Almedin Civa war so einer, der heutige Sportliche Leiter des SVB. So eine Spielerpersönlichkeit fehlt der Mannschaft, ihrem Spiel und vor allem in der aktuellen Situation. Drei Punkte trennen den SVB von einem Abstiegsplatz, auf dem aktuell der 1. FC Lok Leipzig steht, der im Saisonfinale noch einmal Rückenwind bekommen hat. Zwischen Lok und Nulldrei rangiert noch der ZFC Meuselwitz. Die punktgleichen Thüringer empfangen den SVB am letzten Spieltag zur vielleicht entscheidenden Begegnung.

Nulldrei-Coach Efe hatte nach dem Weggang von Süleyman Koc zur Winterpause zum Zweitligisten SC Paderborn gewarnt, dass damit auch ein Typ verloren geht, an dem sich eine Mannschaft orientieren und aufbauen kann. Zwar war Koc keiner, der lautstark dirigierte. Aber er war frech – in seiner Spielweise, in seiner Angriffslust, in seinen Dribblings. Mit seinen Aktionen konnte er einen Gegenspieler regelrecht ärgern, hingegen die eigene Mannschaft mitreißen. Mit ihm hat das Babelsberger Spiel Seele, Zutrauen und auch Mut verloren.

Dabei hat der Regionalligist gute Fußballer in seinen Reihen. Christopher Blazynski etwa, auch Heiko Schwarz oder Daniel Becker, der in der vergangenen Saison in der Oberliga für Luckenwalde kickte. Doch die Qualitäten eines Leaders hat keiner – Blazynski trug zu Saisonbeginn zwar die Kapitänsbinde, inzwischen gehört er nicht mal mehr zu Start-Elf. Wenn das Spiel gut läuft für Nulldrei, werden Schwarz’ Qualitäten erkennbar, läuft es nicht, verblasst er.

„Ich versuche immer wieder, eine andere Mentalität herauszukitzeln, neue Reize zu setzen“, sagt Efe. Doch der Erfolg bleibt mäßig. Dass die Mannschaft bei Heimspielen vor 2 000 Zuschauern gehemmter spielt als auswärts, ist ein Zeichen, dass sie mit der Erwartungshaltung ihre Probleme hat, dass sie auch mal eine Trotzreaktion zeigt, wenn auf den Rängen gemurrt wird, oder wenn „Sitzplatz-Nörgler“, wie es die „Fußballwoche“ jüngst schrieb, auf Mannschaft und Trainer schimpfen. Hingegen haben die Fans in der Nordkurve durchaus Gespür dafür entwickelt, dass die Mannschaft gerade jetzt mehr Rückhalt braucht. Beim glücklichen 2:2 in der Vorwoche gegen Viktoria Berlin sangen sie die Efe-Elf auch nach einem 0:2-Rückstand permanent nach vorn. Zweimal in dieser Woche rückten sie nach Trainingsschluss zum gemeinsamen Essen näher an die Mannschaft ran, um so demonstrativ Rückhalt zu bekunden.

Den wird am morgigen Sonntag auch der 1. FC Magdeburg haben. Im Schnitt 5 400 Zuschauer kommen zu den Heimspielen in die MDCC-Arena. Ihre Mannschaft hat noch immer eine theoretische Aufstiegschance, daher erwartet Efe die Magdeburger voll motiviert. Seine Elf könne nur mit mannschaftlicher Geschlossenheit dagegenhalten. Andererseits bietet sich gerade gegen Magdeburg die Chance, sich hervorzutun, um Verantwortung und Kommando zu übernehmen. Peter Könnicke

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