Links und rechts der Langen Brücke: Zu weit gegangen
Michael Erbach sieht die politische Kultur in der Landeshauptstadt nach dem Landtags-Beschluss nachhaltig beschädigt
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Natürlich überwiegt die Freude darüber, dass Potsdam mit dem Beschluss zum Bau des Landtages auf dem Schlossgrundstück bei der Wiedergewinnung der alten Mitte ein großes Stück voran gekommen ist. Der Durchbruch gelang, weil die PDS-Fraktion – voll mit einst eingefleischten Landtagsschloss-Gegnern – am Mittwoch im Stadtparlament brav Ja zum B-Plan Landtag sagte. 55 Millionen Euro schwer ist das Forderungspaket, das die PDS im Gegenzug den anderen Fraktionen abrang. Beim morgigen PDS-Frühschoppen wird sicher Siegerlaune vorherrschen, auch wenn vielleicht mancher Alt-SEDler von Verrat sprechen mag. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) machte nach dem Jubel klar, wie hoch der Preis für das Einlenken der PDS ist: In den kommenden Jahren dürften sich die Haushaltsberatungen eigentlich erledigt haben, das Diktat der Beschlüsse wird die Stadt lähmen – auch wenn die Sanierung von Kitas, Schulen, Bibliothek und Altem Rathaus begrüßenswert ist. Dazu kommt, dass die Stadt in den kommenden vier Jahren jeweils 2,5 Millionen Euro zusätzlich durch den Verkauf von Grundstücken erwirtschaften muss, um die Forderungen der PDS zu erfüllen. Dass Jakobs angesichts dieser Knebelung noch davon spricht, weiter der Souverän des Handelns zu sein, ist wagemutig. Ist die PDS zu weit gegangen mit ihrem Forderungskatalog? Ja. In der Gewissheit, für ein Ja zum B-Plan beinahe alles bekommen zu können, wurde der mögliche Rahmen gnadenlos ausgeschöpft. Das wird die Basis beruhigen, könnte sich aber als Pyrrhussieg erweisen. In den kommenden Jahren wird sich nämlich herausstellen, wie sehr die Beschlüsse vom 31. Januar 2006 der Stadt jeden weiteren Spielraum für Entwicklung genommen haben. Vieles andere, was getan werden müsste, darf ausfallen, bei neuen Wünschen braucht Jakobs nur die Hände heben. Geht eben nicht. Aber für alles, was nicht klappt oder nicht geht, wird man in den nächsten Jahren einen Schuldigen parat haben: die PDS mit ihren maßlosen Forderungen. Auch das demokratische Miteinander im Stadtparlament, die gewollte Auseinandersetzung um die für die Stadt besten Ideen werden leiden – der verabschiedete Vier-Jahres-Plan gibt schließlich die Marschroute vor. Das wird zweifellos die politische Kultur in der Stadt nachhaltig beschädigen. Somit ist die PDS in zweifacher Hinsicht zu weit gegangen: Finanziellem Diktat wird politische Lähmung und Frustration folgen. Das hätte nicht sein müssen. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Michael Erbach
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