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Schaustelle Kolonnaden. Arnhild Mäder (l.) führt die Gäste über die Baustelle der Kolonnaden vor dem Neuen Palais. Die riesigen Säulen neigen sich im Sommer – dagegen wurde eine spezielle Vorrichtung entwickelt.

© Günter Schenke

Landeshauptstadt: Zugfedern für Mammutsäulen

Seit Jahren wird an den Kolonnaden gewerkelt, nun haben die Arbeiter eine Methode gegen die Neigung und Schäden der Säulen entwickelt

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Arnhild Mäder erklärt die dramatischen Vorgänge, die sich an den riesigen 96 Säulen der Kolonnaden hinter dem Neuen Palais abspielen. „Die großen Säulen bewegen sich in der Sommerhitze nach Westen“, erzählt die Gästeführerin. Bis 14 Zentimeter Neigung betrage die extreme Pendelbewegung. Dadurch bilden sich Risse im Sandstein, die Witterung tut ihr Übriges und letztlich kommt es zur Zerstörung der Säulen.

Diesen Vorgang wollen die Restauratoren und Bauleute, die seit 2007 auf der Großbaustelle am Werke sind, aufhalten. Zur Überraschung ihrer Zuhörer verkündet Mäder, dass die Pendelbewegung auch künftig erhalten bleiben soll. „In das Dach wird eine Art Klammer mit Zugfedern eingebaut“, sagt sie. Dieser Mechanismus, den Ingenieure für die Kolonnaden extra entwickelt hätten, würde die Säulen immer wieder auf ihren angestammten Platz zurückziehen.

Extra für die Kolonnaden entwickelt haben die Restauratoren einen speziellen Wagen zum Einbau der Kapitelle, die den oberen Abschluss der Säulen bilden. Die riesigen tonnenschweren Stücke, die aus mehreren Teilen bestehen, werden mit dem „Wägelchen“ auf die Säulenköpfe gesetzt. „In dieser Höhe ein halsbrecherischer Vorgang“, sagt Mäder. Die meisten der vorhanden Kapitelle könnten verwendet werden, sechs hätten die Steinmetze aus Schlesischem Sandstein originalgetreu wieder hergestellt.

Nur einmal im Monat bietet die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die Gelegenheit, an einer Führung hinter dem Bauzaun an der Mopke, dem ziegelgelben Platz zwischen Neuem Palais und Communs, teilzunehmen. Der Andrang ist groß. Beim jüngsten Termin mussten viele Interessierte abgewiesen werden, weil die Veranstaltung ausgebucht war. „Am besten vorher anmelden“, so die Auskunft an der Kasse. Wer hinter die Kulissen schauen durfte, zeigt sich überrascht von der Monumentalität und Vielgestaltigkeit des Bauwerkes mit seinem reichen Figurenschmuck. Zwölf Millionen Euro investiert die Stiftung in die Wiederherstellung. Wenn alles nach Plan läuft, sei die Restaurierung Ende 2012 abgeschlossen, erklärt Mäder. Doch zuletzt gab es immer wieder Schwierigkeiten auf der Baustelle. Auch die Besucher äußern sich skeptisch. So lagern auf dem Innenhof derzeit noch 300 Kubikmeter mehr oder weniger bearbeiteten Warschauer Sandsteins, der auf den Einbau wartet.

Um überhaupt mit dem Bau beginnen zu können, mussten riesige Stahl-Einhausungen, jeweils 700 Tonnen schwer, gebaut werden. An einem hängt noch die alte inzwischen überholte Sparkassenwerbung „Wir fangen an“. Der Zweck der Einhausung besteht darin, den Sandstein trocknen zu lassen. „Nur mit trockenem Sandstein lässt sich arbeiten“, so die Führerin. Mit einem „Partikelstrahlverfahren“ könne der Stein dann behutsam gereinigt werden.

Wie berichtet, soll wenigsten das Triumphtor in der Mitte der beiden Säulengänge zum 300. Geburtstag am 24. Januar nächsten Jahres wieder hergestellt sein. Das Kuriose: Friedrich II. hat eine Kuppel in dieser Form nie gesehen. Wie die Stiftung auf den Erläuterungstafeln am Bauzaun erklärt, handelt es sich um eine Neukonstruktion, die vor allem den Zweck erfüllt, die darunter befindlichen Sandststein-Teile vor der Witterung zu schützen. Die alte Kuppel wurde am Ende des zweiten Weltkrieges zerstört. Zur Erbauungszeit krönte zunächst ein Obelisk das Kronentor.

„Nur zwei Jahre hat der Aufbau der Kolonnaden zu Friedrichs Zeiten gedauert – entsprechend war die Haltbarkeit“, erklärt Arnhild Mäder die zahlreichen Restaurierungen und Sicherungsmaßnahmen, die bereits zwei Jahre nach dem Aufbau 1769 einsetzten.

Mit der Fertigstellung der Kolonnaden erhält auch die Mopke ein neues Gesicht: restauriertes holländisches Pflaster und neu gepflanzte Bäume.

Günter Schenke

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