Landeshauptstadt: Zuhören reicht meistens schon
Über die Arbeit der Telefonseelsorge Potsdam / Benefizkonzert am 6. September
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Über die Arbeit der Telefonseelsorge Potsdam / Benefizkonzert am 6. September Die Einsamkeit ist der häufigste Grund. Oder psychische Probleme. Dann hilft es, für den Moment einfach nur zu reden, anonym von Hörer zu Hörer. „Mein längstes Gespräch dauerte etwa eine Stunde“, erzählt Frau R., „aber da hatte ich auch das Gefühl, dass sich beim anderen etwas bewegt.“ Frau R. arbeitet als eine von derzeit 94 ehrenamtlichen Telefonseelsorgern in Potsdam. Sie hört zu, das reicht meistens schon. Um sich und die intime Gesprächsatmosphäre zu schützen, bleiben nicht nur die Namen der Ehrenamtlichen geheim, auch der Ort mit den Telefonen ist versteckt. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar. Ruft man aus dem Festnetz an, wird man in eine der fünf Leitungen in den Stellen Cottbus, Frankfurt/Oder, Berlin und Potsdam geschaltet. „Der Bedarf ist hoch“, sagt Beate Müller, die Leiterin der Potsdamer Dienststelle. Sie spricht von etwa 20000 angenommenen Anrufen pro Jahr, 3500 davon sind Scherzanrufe oder es wird aufgelegt. Neuerdings werden die Leitungen auch stundenweise für Handys freigeschaltet, dann kommen die Anrufenden aus dem ganzen Bundesgebiet. Finanziell getragen wird die Telefonseelsorge von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, dem Erzbistum Berlin, dem Caritasverband Brandenburg und der Diakonie Potsdam. Und durch Spenden. „Es erweitert die Persönlichkeit“, meint Frau R. „Man wird auch für manche Dinge sensibilisiert, über die man früher nie nachdachte.“ Seit einem Jahr berät sie Menschen, manchmal vermittelt sie auch an andere Stellen weiter. Nur etwa ein bis zwei Prozent der Anrufe drehen sich um akute Suizidversuche. Dann ist Frau R. auch verpflichtet, die Polizei einzuschalten, wenn der Anrufer seinen Namen und seinen Standort preisgibt, denn die Nummer des Anrufenden wird natürlich nicht angezeigt. Sonst drehen sich die Gespräche um Alltägliches. Die Ehrenamtlichen verpflichten sich nach einer neunmonatigen Ausbildung in Wochenendseminaren dazu, zwölf Stunden im Monat zu seelsorgen. Das sind drei Schichten à vier Stunden, „eine Schicht sollte auch in der Nacht gemacht werden“, sagt Beate Müller. Die 94 Telefonseelsorger kommen aus allen Bereichen des Lebens. „Studenten, Rentner, Menschen aus sozialen Berufen, aber auch welche, die in ihren Berufen kaum sozialen Kontakt haben und hier einen Ausgleich suchen“, so Müller. Am kommenden Dienstag, dem 6. September, findet um 19 Uhr ein Benefizkonzert in der Friedenskirche zu Gunsten der Telefonseelsorge statt. Das Stück „Hiob“ wird als szenisches Oratorium uraufgeführt. Das Konzert soll nicht nur zu Spenden aufrufen, um die Arbeit der Telefonseelsorge zu verbessern und das Fortbildungsangebot auszuweiten. Nach dem „Hiob“ stehen auch ein paar Ehrenamtliche für Fragen zur Verfügung. pst
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