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Landeshauptstadt: Zur Entscheidung über das Stadtschloss

Kein RechenexempelPotsdam hat vier Orte in die Zukunft von Europa einzubringen:1. Im Stadtschloss wurde das Edikt von Potsdam 1685 verkündet, das Glaubensflüchtlingen aus ganz Europa eine neue Heimat bot.

Stand:

Kein Rechenexempel

Potsdam hat vier Orte in die Zukunft von Europa einzubringen:

1. Im Stadtschloss wurde das Edikt von Potsdam 1685 verkündet, das Glaubensflüchtlingen aus ganz Europa eine neue Heimat bot. Ein Traditionsraum dafür könnte von den Abgeordneten genutzt werden, für den Empfang von Staatsgästen und allgemein für Touristen. Toleranz und Integration werden noch lange ein Thema für die europäische Einheit bleiben.

2. Die Garnisonkirche war zuletzt das Symbol für Anfang und Ende des faschistischen Größenwahns. Der Turm mit dem Nagelkreuz wäre für mich ein Zeichen, dass Versöhnung zwischen Opfern und Tätern möglich ist ohne gegenseitige Aufrechnung von Schuld.

3. Cecilienhof ist eine Gedenkstätte dafür, dass Diktatoren gestoppt werden können, wenn sich die Weltgemeinschaft der Völker (wenigstens eine Zeit lang) einig ist.

4. Der Stadtkanal ist ein historischer Beweis, dass Potsdam ohne die Holländer nicht aus dem Sumpf gekommen wäre. Aber auch dafür, dass technische Grenzen Gutes bewirken können. Denn die Kunst der holländischen Pfahlbauer war damals bei 16 bis 20 m Faulschlamm am Ende. Potsdam behielt dadurch unbebaute „Karrees“, die zu grünen Plätzen wurden, einmalig in einer Barockstadt. – Auch heute brauchten wir technische Grenzen für unsere Jagd nach höher, weiter, schneller, damit für unsere Enkel noch ein Rest Energiereserven bleibt.

Es ist für mich schwer zu denken, dass eine demokratische Einrichtung auf Dauer in einem Gebäude arbeiten kann und soll, das als Kriegsschule gebaut und lange Zeit als „Kreml“ gedient hat. Beim Landtagsbau geht es um eine nachhaltige politische Entscheidung und nicht nur um ein Rechenexempel.

Dietrich Gülzow, Potsdam

Entsetzt

Mit Entsetzen habe ich von der 2. Ablehnung des Wiederaufbaus des Potsdamer Stadtschlosses als Landtagsgebäude im Fernsehen gehört. Ich frage mich nun, ob unser OB wirklich so wenig zu sagen hat, dass er sich in unsrem Stadtparlament nicht durchsetzen kann und was nun aus dem „Alten Markt“ werden soll. Wenn der Herr Jann Jakobs so wenig Kraft hat, sich durchzusetzen, dann müssen uns ein neues Stadtoberhaupt wählen. Karl-Heinz Keßler, Potsdam

Respekt, Herr Speer!

Wie geschickt intrigant Sie Ihren Wunsch durchsetzten, dass möglicherweise kein Landtag auf dem Alten Markt gebaut wird. Als Befürworter des Wiederaufbaus des Knobelsdorffschen Stadtschlosses muss ich allerdings den Stadtverordneten danken, dass Sie sich nicht erpressen ließen! Mir stellt sich nun die Frage, wo steht der Ministerpräsident? Auffällig „abwesend“ war er in den letzten Wochen; oder war Speer nur sein „Kettenhund“?

Ich hoffe nun, dass der Landtag die Kraft hat zu seinen früheren Beschlüssen zu stehen und eine entsprechende Ausschreibung tätigt. Welche Auswirkung hat die Kubatur des Originalschlosses zu der von Speer und Jakobs favorisierten Variante eigentlich? Reicht die Grundfläche nun nur noch für 15 statt 16 Quadratmeter je Abgeordneten? Bei den seltenen Tagungen des Parlaments wäre eine gewisse Bescheidenheit angebracht. Im Übrigen sollte man Herrn Jauch und die engagierten Firmen, die den Wiederaufbau des Fortunaportals ermöglichten, nicht zu sehr düpieren.

Christian Zerbst, Potsdam

Jede Abweichung bringt Verlust

Man stelle sich einmal vor, der undurchsichtige Finanzminister Speer - grobschlächtig-poltrige, graue Eminenz der Potsdamer SPD seit den Wendetagen - wirke in Sachsen und verhandele mit der Stadt Dresden über eine weitläufige Kopie'' von George Bähr“s Meisterwerk. Modern im Kern, den Bedürfnissen heutiger Nutzer geschuldet und außen abgespeckt, angepasst, der künftigen Nutzung unterworfen. Die Details unklar.

Den Verhandlungspartnern wird als Köder eine Investitionssumme genannt, die nur beinahe auch den Innenausbau umfasst. Parole: Jetzt oder Nie!

Ein Aufschrei der Entrüstung wäre die Folge. Mit jedem Abstrich vom Original würden aus- und inländische Spender in großer Zahl vom Projekt abfallen. Die sehnsüchtig auf ihre Frauenkirche“ wartenden Dresdener wären maßlos enttäuscht. Kurzum: Beim Groß-Projekt in Dresden war nur eine originalgetreue Wiederherstellung möglich. Die Tourismus-Welle, die Elbflorenz seit dem Richtfest der Frauenkirche erlebt und so überaus genießt, wäre schlichtweg weitgehend ausgeblieben. Das darf als sicher gelten.

Und bei Knobelsdorffs Stadtschloss in Potsdam? Sein künstlerisch-architektonischer Wert ist unbestritten, wenn auch wohl die Einzigartigkeit der Bähr“schen Schöpfung nicht erreicht wird. Dafür war es Teil eines einzigartigen Platzensembles. Das lässt sich nicht mehr wiederherstellen, wenn ein Element als ,weitläufige Kopie“ im Niveau deutlich abfällt.

Zumindest die kleine Schar um Saskia Hüneke hat bewiesen, dass sie ihren Traum, Knobelsdorffs Stadtschloss neu zu erleben, nicht so einfach dem schnöden Mammon und den Bedürfnissen (in Selbstbedienung) wohlversorgter Landtagsabgeordneter opfert. Deren zur Zustimmung drängendes Geschwätz dieser Tage beweist mit jedem Wort ihre fehlende Sachkenntnis zum Weltkulturerbe unserer Stadt.

Das kategorische ,Jetzt oder Nie“ ist Trug und Lüge. Natürlich kann man seinen Traum bewahren und darauf sparen. Vielleicht erkennen andere – z.B. an der Tourismus-Entwicklung um die Dresdener Frauenkirche (in ihren Baulinien) – den enormen Wert einer originalgetreuen Wiederherstellung des Potsdamer Stadtschlosses als einmalige Investition in die Zukunft. Besser kann man das Loch auf dem Alten Markt einfach nicht schließen.

Jeder Abstrich, jede Abweichung bedeutet unwiederbringlichen Verlust und bleibenden Makel.

Bernd-Rainer Paulke, Potsdam

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