Links und rechts der Langen Brücke: Zur Unzeit
Michael Erbach ist für Zurückhaltung bei Aufwandsentschädigungen
Stand:
Potsdams Stadtverordnete sollen eine höhere finanzielle Entschädigung für ihren Aufwand bekommen. Das „Grundgehalt“ soll zwar nur um 20 Euro steigen, aber die Aufwandsentschädigung von Kommunalpolitikern mit größerer Verantwortung soll kräftig angehoben werden. Zunächst einmal stellt sich die Frage, ob es überhaupt eine Berechtigung für eine solche Maßnahme gibt. Die Antwort lautet: Ja. Denn Stadtverordnete betreiben ihre Tätigkeit als Hobby-Politiker mit einem hohen Aufwand, der manchmal auch die Arbeitszeit trifft, in der sie ihr eigentliches Geld verdienen. Ausschüsse und Stadtverordnetenversammlungen müssen ordentlich vorbereitet, Papiere studiert, Inhalte nachrecherchiert werden. Immer mehr Informationen müssen verarbeitet werden, die Verantwortung für die Entscheidungen steigt ebenfalls an. Ja, selbst in der Freizeit müssen die Stadtpolitiker ständig damit rechnen, auf ihr Amt angesprochen zu werden. Da ist es nur richtig, eine gewisse Entschädigung für diesen Aufwand zu zahlen. Potsdams Volksvertreter haben sich dabei bislang in Bescheidenheit geübt. Denn in anderen deutschen Städten werden zum Teil wesentlich höhere Summen an die Abgeordneten gezahlt. Grund genug also, jetzt höhere Bezüge durchzusetzen? Nein. Denn die Forderung kommt zur Unzeit. Deutschland erlebt gerade eine Wirtschaftskrise, deren dramatische Auswirkungen noch gar nicht absehbar sind. Zwar gehen viele Beobachter davon aus, dass die brandenburgische Landeshauptstadt einigermaßen ungeschoren durch die Krise kommen wird – eben weil es hier keine Großindustrie gibt. Doch auch hier kann die Zahl der Arbeitslosen und der Empfänger von Hartz IV schnell steigen. In einer Zeit von Krise und großer Unsicherheit die Bezüge der Stadtverordneten zu erhöhen, ist daher unklug – auch wenn die Potsdamer Kommunalpolitiker sich dabei sicherlich nicht bereichern würden. Das politische Signal – zumal in Wahlkampfzeiten – dürfte entsprechend negativ ausfallen. Außerdem: 50 000 Euro würde die Erhöhung der Aufwandsentschädigung den Stadthaushalt zusätzlich pro Jahr belasten. Wenn man weiß, dass kleineren Kulturträgern oder engagiert arbeitenden Vereinen im aktuellen Haushalt selbst kleinste, dringend notwendige Summen verweigert wurden, wiegt die Forderung nach mehr Geld für die Kommunalpolitiker umso schwerer. Zumal ein jeder Stadtverordnete doch wusste, wie viel er für seine Abgeordnetentätigkeit bekommen würde. Daher sollte die Erhöhung der Bezüge erst mit dem neuen Haushalt in Angriff genommen werden – im Einklang mit Bedürfnissen der wirklich Bedürftigen.
Michael Erbach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: