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Landeshauptstadt: „Zur vollsten Zufriedenheit“

Formulierungen in Arbeitszeugnissen müssen wahr und wohlwollend sein

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„Sandra G. war immer mit Interesse bei der Sache.“ Dieser Satz klingt im Zeugnis auf den ersten Blick positiv – ist es aber nicht! Die Formulierung verrät jedem Personalchef, dass sich die Angestellte im Berufsalltag zwar bemühte, aber nicht mal über grundlegende Fachkenntnisse verfügt. Mit einer solchen Beurteilung sind Absagen vorprogrammiert. Deshalb ist es für jeden Arbeitnehmer wichtig, die Bedeutung der gängigen Formulierungen im Arbeitszeugnis zu kennen.

Hat der Ex-Chef, womöglich gar unbewusst, bestimmte Standardsätze, Adjektive oder Adverbien eingebaut, die jeder Personaler als Negativbewertung entschlüsselt? „Jeder, der ein Arbeitszeugnis vom Vorgesetzten bekommt oder es selbst erstellt, sollte sich mit der Zeugnis-Terminologie vertraut machen“, so der Rat von Anne Kronzucker, Rechtsexpertin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.

Nach § 109 Abs. 1 Gewerbeordnung gibt es ein so genanntes einfaches und ein qualifiziertes Zeugnis. Ein einfaches Zeugnis bescheinigt nur die Dauer des Arbeitsverhältnisses und enthält eine kurze Tätigkeitsbeschreibung. Darüber hinaus beurteilt das qualifizierte Zeugnis auch die Leistung und Führung des Arbeitnehmers. Bei leitenden Angestellten oder Arbeitnehmern in gehobenen, verantwortungsvollen Positionen ist das qualifizierte Zeugnis normalerweise die Regel. Bezüglich des Inhalts bietet die Rechtsprechung allgemeine Grundsätze, da in den Gesetzen und Tarifverträgen keine detaillierten Regelungen dazu existieren. „Bei der Zeugniserteilung, egal ob einfach oder qualifiziert, sind demnach der Grundsatz der Wahrheit, des verständigen Wohlwollens, der Vollständigkeit und der individuellen Beurteilung einzuhalten“, so dioe Expertin. Der wichtigste Grundsatz: Immer bei der Wahrheit bleiben. Bloße Behauptungen, Annahmen oder Verdächtigungen sind tabu.

Im Laufe der Zeit haben sich im Arbeitszeugnis eine Reihe von Standardformulierungen eingebürgert. Deren wahre Bedeutung steht oft zwischen den Zeilen. Kronzucker weiß: „Diese oft als Geheimsprache bezeichneten Formulierungen in Zeugnissen haben ihren Ursprung im Grundsatz des verständigen Wohlwollens.“ Ein Zeugnis mit offener Kritik könnte eine hohe Hürde für einen neuen Arbeitsplatz sein. Außerdem vermeiden Arbeitgeber gern juristische Auseinandersetzungen, die bei nicht wohlwollenden Bewertungen häufiger die Folge wären.

Einerseits wird also Wahrheit, andererseits aber Wohlwollen gefordert – so kommt es zu Bewertungen, die eine andere Bedeutung haben, als dies aus dem Wortlaut hervorgeht. Dabei gibt es sowohl allgemein übliche Formulierungen, als auch versteckte Codes, die nach § 109 Abs. 2 GewO unzulässig sind. Umso wichtiger ist es daher, die wohlwollenden Formulierungen entschlüsseln zu können. Es kommt immer auf den Zusammenhang an, in den sie gesetzt werden. So können aufwertende Adverbien wie stets, sehr, in hohem Maße und Adjektive wie groß, hoch und äußerst eine Bewertung verbessern: Beispielsweise macht das Wort „stets“ deutlich, dass der Mitarbeiter konstant diese Leistung erbracht hat. Fehlt „stets“, bedeutet das eine Abwertung.

Der Schlussnote schenken Personaler besondere Beachtung, da diese eine Gesamtbewertung darstellt. „Hier haben sich auch Standardformulierungen herausgebildet, die in Noten übersetzt werden können“, erläutert die Expertin. Zur Zufriedenheit bedeutet eine Vier, zur vollen Zufriedenheit eine Drei, stets zur vollen Zufriedenheit eine Zwei und stets zur vollsten Zufriedenheit eine Eins. Gute Zeugnisse enthalten eine Schlussformel, wie „Wir bedauern das Ausscheiden unseres Mitarbeiters, bedanken uns bei ihm für seine stets wertvolle Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft viel Erfolg“. PNN

Formulierungen und Übersetzungen unter www.das-rechtsportal.de/recht/arbeit-recht/arbeitszeugnis/default.htm

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