Landeshauptstadt: Zurück aus dem Exil
Das Filmorchester Babelsberg kehrt an den alten Standort zurück, erste Einspielung noch im Dezember
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Mit Stargästen wie Johannes Heesters und Ben Becker soll während der Berlinale 2008 groß gefeiert werden: So jedenfalls stellt sich der Intendant des Deutschen Filmorchesters Babelsberg, Klaus- Peter Beyer, das offizielle Fest zum Umzug an den traditionellen Standort des Klangkörpers vor. Nachdem die Musiker 1990 ins Berliner „Exil“ verbannt wurden, wollen sie aber schon in wenigen Wochen wieder in ihrem alten/neuen Studio auf dem Mediengelände Potsdam-Babelsberg zu den Instrumenten greifen. „Für den 27. Dezember ist dort die erste Einspielung geplant“, so Beyer.
Dann soll erstmals wieder aus dem Studio Filmmusik erklingen, wo das heute in Westeuropa einzigartige Orchester schon zwischen 1930 und 1990 arbeitete. Nach den Anfängen als Begleitung für große Ufa-Stummfilme um 1930 untermalten die Musiker auch die ersten Tonfilme.
Und einer, der in den frühen Jahren schon mit ihnen wirkte, soll bei der offiziellen „Umzugsfeier“ dabei sein: „Johannes Heesters hat 1934 mit dem Orchester gespielt“, erzählt Beyer. Schauspieler Ben Becker – ebenfalls auf der noch imaginären Gästeliste – begleiten die Musiker bei dessen musikalischer Lesung „Die Bibel – eine gesprochene Symphonie“.
Nach Ansicht von Beyer ist die Berlinale im nächsten Jahr (7. bis 17. Februar) ein guter Zeitpunkt für die offizielle Feier, weil dann viele Freunde und Förderer des Orchesters in der Hauptstadt weilen.
Obendrein wird das Filmorchester 2008 auch noch 90 Jahre alt. Zu DDR-Zeiten firmierte der Klangkörper als DEFA Filmorchester, bevor er nach dem Mauerfall im Zuge der Privatisierung des Babelsberger Studiogeländes bei der Brandenburgischen Philharmonie „zwischengeparkt“ wurde, wie es Beyer beschreibt.
Um eine Auflösung zu vermeiden, gründete er das Ensemble 1993 unter dem Namen Deutsches Filmorchester Babelsberg neu. In den vergangenen Jahren waren die vielbeschäftigten Musiker im einstigen DDR-Funkhausgelände in der Berliner Nalepastraße untergebracht – den Traum von einer Rückkehr nach Babelsberg gaben sie aber nie auf. Der Umzug wurde aber erst dank einer Finanzspritze über 1,5 Millionen Euro von Bund und EU möglich. Das Geld fließt vor allem in die Installation der Technik für die rund 65 Musiker. Da diese jedoch extrem aufwendig ist, musste Beyer schon mehrfach seinen Optimismus ob eines baldigen Umzugs bremsen.
In Potsdam ist das Orchester jedenfalls überaus willkommen: „Die Medienstadt Babelsberg kann damit ihr Leistungsprofil um ein wichtiges und sehr spezifisches Angebot erweitern“, so die Vorstände der Studio Babelsberg AG, Carl Woebcken und Christoph Fisser. „Für die Produzenten, Agenturen und Sender auf dem Gelände und darüber hinaus für unsere internationalen Partner werden sich viele neue und interessante Chancen für eine kreative und effektive Zusammenarbeit eröffnen.“ Und auch Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) „freut sich sehr“.
Während in dem Potsdamer Studio noch kräftig gewerkelt wird, kann sich das Orchester nicht über eine mangelnde Auftragslage beklagen: Die Vertonung des TV-Films um den Untergang des Flüchtlingsschiffes „Wilhelm Gustloff“ nach der Torpedierung durch ein sowjetisches U- Boot im Januar 1945, eine Fernseh-Gala mit Tenor José Carreras, Auftritte in der Komischen Oper zu Berlin und noch vieles mehr stehen bis Weihnachten auf dem Programm.
Imke Hendrich
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