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Generalprobe. Kinder und Jugendliche aus dem Kinderheim am Stern probten gestern ein letztes Mal ihr Theaterstück, das heute zum Jubiläumsfest Premiere hat.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Zurück in die Zukunft

Kinderheim „Am Stern“ feiert Jubiläum / Heimkinder werden immer jünger

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Am Stern - Der Wagen hat alles, was ein Auto braucht: Vier Räder, Lenkrad und einen Sitz. „Der Motor läuft auch“, sagt Carsten Lehmann. Angesichts der zahlreichen Roststellen traut man das dem umgebauten Trabbi kaum zu. Schwarz lackiert, mit Feuerstreifen versehen, steht das Gefährt auf dem Hof des DRK-Kinderheims „Am Stern“ – nicht zum Fahren, sondern als Kulisse. Der Wagen ist Teil eines Theaterstücks. „Zurück in die Zukunft“ heißt es, heute hat es Premiere. Das DRK-Kinderheim feiert sein 25-jähriges Jubiläum. Heim-Vater Lehmann ist vorn mit dabei.

Schon seit 1997 leitet der gelernte Gymnasiallehrer, Sonder- und Sozialpädagoge die Einrichtung in der Pietschkerstraße. Die Kinder haben sich an ihn gewöhnt und auch an seine Nachhilfestunden in Mathe, Physik und Informatik. Schon etliche Jungen und Mädchen hat der 47-Jährige, der kurze Haare trägt und einen grauen Stoppelbart, kommen und gehen sehen. Er hat einen Vollzeit-Job, sagt er. „Wenn es einen Notfall gibt, dann fährt man von zu Hause wieder los.“ So gehe das vielen Erziehern im Heim. Der Beruf stelle hohe Anforderungen, auch an die eigene Familie.

22 Plätze hat das Kinderheim „Am Stern“. Weitere Kinder sind in großen Gruppenwohnungen untergebracht. Dort leben sie gemeinsam mit der Familie eines Erziehers. „Das ist dann eine richtige Großfamilie“, sagt Lehmann. 1986 wurde das Heim gegründet. Zu DDR-Zeiten war es als reines Säuglingsheim konzipiert. Wurden Kinder älter, wurden sie von ihren Geschwistern getrennt. Nach dem Mauerfall habe sich das Konzept geändert. 1992 übernahm das Deutsche Rote Kreuz das Haus. Es wurde umgebaut, kleine Kinderzimmer mit Doppelstockbett und zwei Schreibtischen sind entstanden. Kinder können hier bleiben bis sie groß sind und ihr Leben eigenständig regeln können.

„Manche Kinder sind bei uns erwachsen geworden.“ Das komme allerdings selten vor, sagt Lehmann. Meist blieben sie ein bis zwei Jahre, dann kehrten sie zu ihren Eltern zurück. Andere Kinder kämen nur für Wochen – alleinerziehende Mütter suchten die Hilfe, wenn sie zum Beispiel ins Krankenhaus müssten.

Kommen Kinder ins Heim, bleiben sie an ihrer Kita oder in ihrer Schule. Es soll kein weiterer Bruch entstehen, erklärt Lehmann. „Die Probleme in den Familien haben sich verändert“, sagt er. Immer öfter müssten die Erzieher mit Eltern arbeiten, die psychische Störungen zeigten. Sie sind überlastet, im Job und in der Erziehung. „In der Regel hatten sie selbst keine gute Kindheit.“ Dennoch: „Die Eltern sollen Eltern bleiben.“ Sie besuchen mit ihren Kindern den Arzt, gehen zu Schulveranstaltungen. „Wir wollen sie in Verantwortung lassen oder bringen.“

Mit Sorge betrachtet Lehmann, dass er immer öfter jüngere Kinder aufnehmen muss. Seit etwa zwei Jahren sei diese Entwicklung zu spüren. Sogar einen Monat alte Zwillinge musste er betreuen. Sie sind inzwischen in einer Pflegefamilie.

Alle – Kinder, Eltern und Gäste – sind heute zwischen 14 und 18 Uhr zur Feier eingeladen. Es gibt Kreatives und Kulinarisches, bevor der alte Trabant vor die Bühne gerollt wird. „Zurück in die Zukunft“, sagt Lehmann, das gelte auch für das Heim: Man müsse erst die Geschichte kennen, um die heutige Arbeit Wertzuschätzen.

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