Aus dem GERICHTSSAAL: Zwischen Reue und Trotz
Arbeitsstunden und Geldstrafe für Diebe
Stand:
Entschuldigungen für strafbares Tun sind im Gericht nicht selten. Dass ein Angeklagter der von ihm Bestohlenen dabei um den Hals fällt, diese den Vorfall mit „kein Problem“ abtut, dürfte eher die Ausnahme sein. Doch Norman N.* (19) und Lisa L.* sind Klassenkameraden, besuchen beide das Oberstufenzentrum II am Schlaatz. Sie verstanden sich vor dem Vorfall gut, und tun es heute noch. Norman N. möchte – wie Lisa auch – staatlich geprüfter Sportassistent werden. Doch jetzt sitzt der junge Mann erst einmal wegen Diebstahls auf der Anklagebank. Am 14. Februar 2008 entwendete er aus Lisas Jacke ein neues Handy. Eine Woche lang benutzte er es, dann lag es bei ihm zu Hause herum. Dort wurde das Diebesgut später gefunden und sichergestellt.
„Ich habe das Handy in der Jacke gefühlt und zugegriffen. Das war eine Kurzschlussreaktion, eigentlich völlig blöd“, räumt Norman N. ein. „Schon im Klassenraum habe ich überlegt, Lisa das Teil zurückzugeben. Aber das war mir irgendwie peinlich.“ Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe berichtet, dass Norman N. eine unheilbar kranke Mutter hat, deren Lebensgefährte sie und den Jungen schlug. Seit knapp fünf Monaten ist Norman N. verheiratet, im August wird er Vater. Bis jetzt ließ er sich nichts zu Schulden kommen. Das Jugendgericht stellt das Verfahren gegen ihn ein. Allerdings muss er bis zum 30. Juni 20 Stunden unentgeltlich arbeiten.
Ganz anders Lin N.* (25). Die am Schlaatz wohnende Vietnamesin gibt sich vor Gericht leicht bockig. Am 9. März wurde die zweifache Mutter im „Kaufland“ beim Diebstahl von Windeln, Kosmetik und Lebensmitteln im Gesamtwert von 75 Euro vom Ladendetektiv beobachtet. Einen Teil deponierte sie im Kinderwagen, den Rest im Einkaufsbeutel. „Ich habe meine Strafe längst bezahlt“, behauptet sie und reicht der Vorsitzenden ein Blatt Papier. Das ist aber lediglich die Bestätigung der Anwaltskanzlei, die das geprellte Unternehmen vertritt. Sie besagt, Lin N. habe die in solchen Fällen ausgesprochene „Fangprämie“ von 100 Euro gezahlt, plus 39 Euro Verzugszinsen. Jetzt kommt noch eine Geldstrafe von 150 Euro dazu. „Wie soll ich das schaffen? Ich lebe von Hartz IV“, begehrt Lin N. auf. „An dieser Stelle erklärt man gewöhnlich, dass einem die Sache leid tut“, weist die Amtsrichterin die Angeklagte in die Schranken. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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