zum Hauptinhalt
Voll im Trend. Flusskreuzfahrtschiffe wie die MS Königstein machen immer häufiger Halt in Potsdam. Die Nachfrage nach den Kreuzfahrttouren ist seit Jahren gestiegen – zum Ärger einiger Potsdamer Hafenanrainer.

© PR

Landeshauptstadt: Zwischen Sonnendeck und Abendmusik

Flusskreuzfahrten von Potsdam werden immer beliebter, aber sorgen auch für Ärger bei Anwohnern

Stand:

Nicht nur in der Karibik, auch auf den Potsdamer Gewässern sind sie immer öfter unterwegs: Kreuzfahrttouristen. Die Seefahrer, zumeist Ruheständler, entdecken Städte und Landschaften vom Wasser aus. Sie gleiten in ihren 80 Meter langen und zumeist stilvoll eingerichteten vollklimatisierten Luxus-Flussschiffen über Havel, Elbe und andere Flüsse der Region. Von Potsdam geht es bis nach Dresden, Stralsund oder Prag. Der Kreuzfahrttourismus boomt und der Hafen am Lustgarten arbeitet an der Kapazitätsgrenze.

„Die Touren sind fast alle auf lange Zeit ausgebucht“, sagt Wiebke Harms von Nicko Tours. Seit zwei Jahren chartert das Reiseunternehmen drei Kreuzfahrtschiffe, die von Potsdam aus Havel, Moldau und Elbe befahren. „Wir haben einen Marktanteil von 43 Prozent“, sagt Harms. Die Auslastung liege bei 96 Prozent. Etwa 6000 Fahrgäste des Unternehmens landen jährlich in Potsdam an. Die Preise liegen zwischen 161 und 1077 Euro je nach Strecke und Länge der Tour.

Doch der Kreuzfahrtboom hat auch seine negative Seite: Die Anwohner der Gartensparte Am Hinzenberg haben Strafanzeige gegen die Stadt, die Weisse Flotte und einige Reeder gestellt. Die Laubenpieper leiden unter Lärm und Abgasen, den immer mehr Kreuzfahrtschiffe am Hinzenberg-Anleger – unweit des Lustgartens – verursachen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft die Vorwürfe. Tag und Nacht würden die Dieselmotoren der Hotelschiffe laufen, die teilweise parallel zueinander anlegen. Bei Wendemanövern seien Seerosen beschädigt worden. „Die Seerosenfläche ist bereits um 20 bis 30 Meter reduziert worden“, heißt es in der Anzeige. Immer wieder trieben Pflanzen entwurzelt an der Wasseroberfläche. Beschwerden und Hinweise bei Polizei und Wasserschutz seien bislang verhallt. Hinweise an die Kapitäne wurden abgewiesen, sagen die Gärtner.

Bei der Potsdamer Weissen Flotte ist die Beschwerde bekannt. Geschäftsführer Jan Lehmann spricht von einem Einzelfall: Im August, als die Weiße Flotte zu den nächtlichen Schlösserimpressionen eingeladen hatte, sei der Anleger tatsächlich überfüllt gewesen. „Das war eine Ausnahme“, sagt Lehmann. Keinesfalls seien die Seerosen beschädigt worden. Aber das Problem bleibe, sagt Lehmann: Der Hafen arbeite an seiner Kapazitätsgrenze – auch wegen der Nachfrage nach Flusskreuzfahrten. „Wir haben einen großen Investitionsbedarf“, sagt Lehmann. Der Hafen müsse modernisiert werden, doch das Gelände gehöre der Stadt. Das Rathaus müsse sich positionieren, fordert Lehmann. „Die Kreuzfahrtschiffe sind ein nicht unerheblicher Tourismusfaktor“, sagt Lehmann. Schiffe aus ganz Deutschland, Holland, Frankreich oder der Schweiz legen in Potsdam an, vorwiegend an den Wochenenden. Einige bleiben nur Stunden, andere über Nacht. Die Weiße Flotte stellt den Schiffen Trinkwasser. Den Strom für die klimatisierten Kabinen, Küche und Wäscherei erzeugen die Schiffe mit ihren Motoren, so Lehmann.

Auch Potsdams Tourismuskoordinatorin Gisela Kleine ist klar: Das erzeugt Lärm. Aber: „Die Flusskreuzschifffahrt boomt.“ Der Strafanzeige der Kleingärtner sieht sie gelassen entgegen. Eine Sondergenehmigung für die Hotelschiffe sei nicht notwendig, die Untere Naturschutzbehörde habe keine Schäden an den Seerosen festgestellt. Den Ärger kann Kleine nicht verstehen. „Das ist ein Hafen.“ Wer neben einem Bahnhof ziehe, könne sich auch nicht über Zugverkehr beschweren.

Dennoch: Erste Überlegungen, den Hafen zu sanieren und mit Elektranten für die Kreuzfahrtschiffe auszustatten, gebe es bereits. Etwa 1,5 Millionen Euro würde das kosten. Dann könnten die Schiffe die Motoren ausschalten und den Strom aus der Steckdose beziehen. Das allerdings sei teurer, als Diesel zu verbrennen, sagt Kleine.

Die Investition müsse sich rechnen. „Wir stehen in Konkurrenz mit einem neuen Anleger in Berlin-Tegel.“ Reeder und Touristen wolle man nicht vergraulen. Zwischen Sonnendeck und Abendmusik unternehmen die Kreuzfahrer Ausflüge in die Stadt. „Die Touristen steigen aus und lassen Geld hier“, sagt Kleine.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })