Landeshauptstadt: Zwischen Wissenschaft und Religion Zehn Jahre Evangelisches Institut für Kirchenrecht
Welche Rechte und Pflichten hat die Kirche – immerhin zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland – gegenüber ihren Mitarbeitern? Wie ist das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland geregelt und wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus?
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Welche Rechte und Pflichten hat die Kirche – immerhin zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland – gegenüber ihren Mitarbeitern? Wie ist das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland geregelt und wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Mitarbeiter des Evangelischen Instituts für Kirchenrecht. In dieser Woche feiert das An-Institut der Universität Potsdam sein zehnjähriges Bestehen.
Detlev W. Belling, Professor für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Potsdam, und Gerhard Robbers, Professor für Öffentliches Recht, Kirchenrecht, Staatsphilosophie und Verfassungsgeschichte an der Universität Trier, gründeten das Institut in privater Trägerschaft im Dezember 2003. Ein Jahr zuvor war in Potsdam ein Institut für katholisches Kirchenrecht ins Leben gerufen worden, das heutige Kanonistische Institut. „Es war allgemeiner Wunsch in der Juristischen Fakultät, dass es neben dem katholischen auch ein Institut der evangelischen Seite geben sollte“, sagt Belling. Es habe aber nicht nur Befürworter dieser Idee gegeben, das sei an der gesamten Universität spürbar gewesen. „Man befürchtete eine Klerikalisierung der Universität“, erinnert er sich. Heute werde das Institut in der Juristischen Fakultät ohne Vorbehalt akzeptiert.
Das Institut gehört zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und kooperiert mit der Juristischen Fakultät der Uni Potsdam. Die rund 50 Mitglieder sind Hochschullehrer, Richter, Verwaltungsjuristen, Rechtsanwälte und Theologen. Sie forschen und lehren fast alle ehrenamtlich. Im Mittelpunkt stehen Fragen des Kirchen- und Staatskirchenrechts – das Kirchenrecht regelt die Beziehungen zwischen Kirche und Mitgliedern, das Staatskirchenrecht die Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften.
„Bis in die 60er-Jahre war Kirchenrecht für Jurastudenten ein Pflichtfach“, erklärte Patrick Roger Schnabel, Pfarrer, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut. „Heute ist es nur noch Wahlfach und nicht jede Juristische Fakultät verfügt über einen Lehrstuhl für Kirchenrecht.“ Mit dem Institut verbinde sich auch die Hoffnung, junge Juristen für den kirchlichen Dienst zu begeistern.
Eine Besonderheit des Instituts ist der Abschluss „Doctor iuris utriusque“ – der Doktor beider Rechte. Die Promotion erfolgt durch die Juristische Fakultät gemeinsam mit den beiden kirchenrechtlichen Instituten. Die Fächer Kirchliche Rechtsgeschichte sowie Kirchen- und Staatskirchenrecht bilden zusammen mit Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie einen eigenständigen Bereich, den Studierende als Prüfungsgebiet für das Erste Juristische Staatsexamen wählen können.
Die Themen, mit denen sich die Mitarbeiter des Instituts beschäftigen, sorgen auch in der Öffentlichkeit immer wieder für Debatten: Dürfen in Klassenräumen Kruzifixe aufgehängt werden? Ist es rechtens, dass eine muslimische Lehrerin an einer staatlichen Schule ein Kopftuch trägt? Dürfen Mitarbeiter der Kirche streiken? Wieso haben die Kirchen ein eigenes, staatlich garantiertes Arbeitsrecht? Auch das Verhältnis zwischen Staat und Kirche interessiert nicht nur Fachleute.
Das Angebot des Institutes nutzen überwiegend Studenten der Rechtswissenschaften. Seit dem Sommersemester 2013 gibt es gemeinsame Seminare der beiden Kirchenrechtsinstitute, dem Bereich Jüdische Studien und dem Institut für Religionswissenschaft mit einem muslimischen Vertreter.
Für die Zukunft wünscht sich Belling vor allem einen „festen Anknüpfungspunkt“ für das Institut an der Juristischen Fakultät: „Leider gibt es noch keinen Lehrstuhl für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Potsdam.“ Maren Herbst
Sein zehnjähriges Bestehen feiert das Evangelische Institut für Kirchenrecht heute ab 18 Uhr mit einem Festakt auf dem Campus Griebnitzsee. Er findet im Haus 6, Hörsaal 02 statt. Die Adresse lautet August-Bebel-Straße 89.
Maren Herbst
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