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Kultur: ... doch weiter kommt man ohne ihr

Die Eröffnung des KUZE in den Elfleinhöfen

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Das „Ende der Bescheidenheit“, wie der Einzug studentischer Kultur in Potsdams Innenstadt angekündigt wurde, ist ein Hinterhof. Allerdings ein schön sanierter. Links geht es durch eine Zwergentür in die Kneipe. Jede Gruppe, so sieht es das Betreiberkonzept vor, die die neuen Räume im studentischen Kulturzentrum nutzen möchte, soll hier Tresendienst schieben. Das nennt man Basisdemokratie und die soll sogar jetzt schon funktionieren, sagt Asta-Chefin Katharina Ermler. Die Kneipe hat drei Ebenen. Im Eingang ist nur Platz für die Bar. Im Zwischengeschoss wird man in Zukunft selten einen Platz bekommen, er reicht für einen größeren Tisch. Hier geht es raus auf die formidable Holzterrasse. Völlig klar: Sie wird von den ersten warmen Sonnenstrahlen an der Mittelpunkt des KUZES sein.

Im großen Gastraum, in den man über eine geschwungene Treppe gelangt, hat das Studentenwerk für die Feierlichkeit ein Buffet aufgebaut. Fleischklopse, Basilikummozarella an Salatmix und Kesselgulasch. Ein Fußball-Kicker wird von fröhlichen Studierenden bedient. Irgendwie retro. Hier gibt es eigentlich keinen Unterschied zu kirchlichen Jugendfreizeitheimen. Helle Wände, nette Typen, Bier.

Schräg gegenüber im Backsteinbau hatte schon vor der Sanierung der Offene Kunstverein seine Räume, der nun Mieter der studentischen Selbstverwaltung geworden ist. Jetzt gibt es endlich eine Heizung. Im Theaterraum mit Wölbedecke werden die Dankesreden gehalten. Zum Glück ist Freitag. An dem sind bis jetzt noch relativ wenige Studenten in der Stadt. Spricht sich das mit der Unbescheidenheit und der Kultur im Zentrum unter den Studierenden aber rum, wird der Raum sicher bald zu klein sein. „Ich bin unglaublich glücklich“, sagt die Asta-Chefin und das sieht man ihr sogar an. Was man auch sieht, ist die Erschöpfung. Für das Ende der Bescheidenheit fehlt die Kraft. Bis zwei Stunden vorher wurde noch zugepackt. Jemand ruft ein aufmunterndes „Bravo“.

Die feierlichsten Worte findet die Tochter des Immobilienentwicklers Dietrich Garski. Sie betritt die Bühne mit einem samtausgeschlagenen Kasten, in dem ein symbolischer Schlüssel liegt. Sie sagt, mögen sich die Wünsche und Ziele, die man sich hier zur Aufgabe gemacht habe, zum Wohle aller erfüllen. Garski und der jährlich neu gewählte Uni-Asta müssen gut miteinander auskommen. Sie verbindet nun ein langjähriger Mietvertrag. Auch Ministerin Johanna Wanka freut sich, dass aus der lange diskutierten „Chimäre“ nun nach sieben Jahren endlich Wirklichkeit geworden ist. Von den mehr als 17000 Studenten in der Stadt hätte man bis jetzt viel zu wenig bemerkt. Die Kulturbeigeordnete Gabriele Fischer erinnert sich, wie man um das Projekt gekämpft habe. „Hand in Hand“, sagt sie. Karin Bänsch, Leiterin des Studentenwerks, erklärt beiläufig, die Eigentümerkonstruktion hätte ihrer Meinung idealer sein können. „Seien sie sich der Unterstützung ihres Studentenwerks gewiss“, sind dagegen Worte, die die Organisatoren gerne hören.

Max Dalichow spricht für den Offenen Kunstverein. Vor Rührung zittern ihm die Mundwinkel ein bisschen. Er fordert Applaus für diejenigen, die sich von Anfang an für das KUZE engagiert haben. Die Gäste klatschen zum ersten Mal so laut, dass man ein Bild davon bekommt, wie es aussieht, wenn hier die studentische Kultur einziehen wird.

Obwohl das Ende der Bescheidenheit angekündigt wurde, bleibt ein Höhenfeuerwerk aus. Ungewöhnlich für eine Stadt, in der es üblich ist, Raketen in den Himmel zu böllern, sobald jemandem nach Jubeln ist. Dafür gibt es Rotkäppchensekt bis zum Abwinken und Fleischklößchen werden auch dauernd nachgelegt. Das Beaujolais-Quartett spielt noch französische Chansons. Beate Wein singt Edith Piafs „Mylord“, zwei große schwarze studentische Hunde drehen sich vor der Bühne. So sieht am ersten Abend das Ende der Bescheidenheit aus.

Matthias Hassenpflug

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