zum Hauptinhalt

Kultur: „... um zu verführen“

Brandenburgische Verleger stellen zur Leipziger Buchmesse ihre neuen Bücher vor

Stand:

Zweimal im Jahr ist ganz besondere Bewegung in der Buchbranche. Die beiden größten Buchmessen im Oktober in Frankf und im März bringen schon vorher Schwung in die Verlagsetagen, denn es gehört zur Editorenehre, zu diesen Anlässen Neuerscheinungen zu präsentieren. Die wohl ausgefallenste Idee hatte der „vacat-Verlag“, der das bibliophile Produkt „Verhüllen um zu verführen“ auf den Markt bringt. Protagonisten des sinnlich wie kulturell ansprechenden Buches sind die Papiere, in die man einzeln die saftigen Südfrüchte legte. Dass mit den Aufdrucken auf den schleierähnlichen Papieren alle Arten von Sinnlichkeit, Reizen und verspieltem Exotismus den Kaufakt erleichtern sollten, gehört zu einer Geschichte der Werbung, über die man sentimental zu lächeln geneigt ist.

Dies ist eine von vielen Neuerscheinungen, die die Brandenburgischen Verlage bei der Leipziger Buchmesse gemeinsam präsentieren werden. Dafür gibt es seit 1996 die „Arbeitsgemeinschaft Brandenburgischer Buchverlage“ mit inzwischen dreiundzwanzig Mitgliedern. So viele Buchverlage vermutet man nicht im großen, leeren Flächenland, und weil viele davon klein und unbekannt sind, sorgt die Arbeitsgemeinschaft unter Vorsitz von Peter Anders vom Märkischen Verlag Wilhelmshorst für wirkungsvolle Auftrittsmöglichkeiten.

Weit entfernt von Potsdam ist in Kunersdorf der Findling-Verlag ansässig, dessen Bücher kultiviert durch den Osten der Republik leiten: „Gerhart Hauptmann und seine Häuser“ ist das Thema eines literarischen Reiseführers, mit dem man von Agnetendorf bis nach Hiddensee gelangt. Viele der märkischen Publikationen beschäftigen sich mit dem, was nah ist: mit der Heimat. Die „Edition Märkische Reisebilder“ bringt erstmals in seinen kleinen Bändchen, die für wenig Geld zu haben sind, Haveltouren heraus. Und, fast revolutionär, die „weiße Flotte“ verkauft die Hefte neuerdings sogar an Bord – ein Fortschritt, waren die Schiffseigner früher doch damit zufrieden, ihr Bier loszuwerden.

Der „Verlag Die Furt“ aus Jacobsdorf erzählt anhand historischer Postkarten die Geschichte von Müllrose. Im „Dosse-Verlag“ gibt es für 9,80€ ein Sachbuch über die Landwirtschaft im Osten Deutschlands. LPG, Bodenreform, Vergütung der Arbeit, das alles wird nicht nur beschrieben, sondern auch kräftig illustriert. Die „Edition Rieger“ hat die Fontanestadt Neuruppin in einer, von Verleger Rieger selbst so genannten „Schwarte“ geehrt und setzt Fotos von damals gegen Fotos von heute, so dass Stadtgeschichte augenfällig wird. Der „Wolbern Verlag“, der in Berlin und Potsdam beheimatet ist, bringt einen speziellen Berlin-Reiseführer über die Filmmetropole an der Spree heraus. Ein Buch, das eventuell die Konkurrenz zwischen Berlin und Potsdam herausfordern wird.

Der sehr aktive Verlag „Hentrich & Hentrich“ arbeitet mit seinen Judaica schon einmal dem jüdischen Kulturzentrum entgegen, das in Potsdam entstehen soll. Und die „edition eigensinn“ des Verlages Edeltraut Galling bietet beharrlich selbst gemachte Bücher an, die originell daherkommen: Da wird ein Einband in Emaille gegossen oder ein Leporello aus Strohseide und handgeschöpftem Papier kreiert und mit dem Titel „Mir ist heut so nach Braktartoffeln“ versehen. Die Genrebezeichnung „Liebesgedichte“ überrascht, macht neugierig und verführt zum Blättern. Um die heimischen Buchhändler stärker zu motivieren, die ansässigen Verlage gut zu präsentieren, gibt es den neuen Buchhändlerpreis, der im Mai zum Deutschen Tag des Buches erstmals vergeben wird. Lore Bardens

Lore Bardens

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })