Kultur: 40 Jahre im Orchester
Klaus Büstrin
Stand:
Mehrmals schon sollte das Hans Otto Theater ein neues Haus erhalten. Aber immer wieder wurde ein Neubau verschoben, kurz nach der Wende der Rohbau des Theaters sogar abgerissen, weil dieser „am falschen Platz“ stand. Am 22. September 2006 ist es soweit: Am Havelufer in der Schiffbauergasse wird sich der Vorhang im neuen Haus öffnen. In unserer Serie wollen wir in persönlich gehaltenen Artikeln an die vergangenen Jahrzehnte des Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an Episoden aus dem Theaterleben Potsdams.
HEUTE: Hasso Krabbes
Das Theaterorchester konnte in seinen Reihen stets auf hervorragende Musiker verweisen, die an den ersten Pulten saßen. Beispielsweise der erste Konzertmeister Günter Rousavy, der Flötist Siegfried Müller, der Klarinettist Egbert Schmehl. Dazu gehörte auch Hasso Krabbes, der als Solo-Oboist wirkte. Hasso Krabbes wurde in Jena geboren. Um das Instrument seines Lebens, die Oboe, professionell musizieren zu können, ging er in die nahe gelegene Klassikerstadt Weimar. Mit Vierzehn besuchte er die dortige Fachgrundschule für Musik und vier Jahre später die Franz-LisztMusikhochschule. Nach dem Studium, 1960, wurde er zum Vorspiel an das Potsdamer Hans Otto Theater eingeladen. Er kam, musizierte und wurde engagiert. Welch ein Schrecken muss Hasso Krabbes in die Glieder gefahren sein, als er den Theatersaal in der Zimmerstraße zum ersten Mal betrat, als er in der extrem engen Orchesterwanne der Oboe Töne entlockte. Die dem Musizieren wenig gefällige Akustik behinderte oftmals die Entfaltung des Klangs. Von Weimar kannte er dagegen ganz andere Spielbedingungen, jedenfalls für die Musiker des dortigen Nationaltheaters.
Und dennoch blieb Hasso Krabbes in Potsdam, fanden doch gerade Anfang der sechziger Jahre sehr talentierte junge Musiker den Weg zum Theaterorchester. Und auch Gert Bahner, der damalige Chefdirigent, erfüllte die künstlerischen Erwartungen des am Anfang seiner Laufbahn stehenden Oboisten. Nicht anders die seiner Kollegen. Auch die Nachfolger Bahners, Günther Herbig oder Peter Gülke, haben das Orchester zu musikalischen Höchstleistungen geführt – im Konzert und in der Oper.
Diesem Holzblasinstrument mit seiner auffallenden Zartheit und träumerischen Sangbarkeit im Klang wurden vornehmlich sehnsuchtsvolle und gedankenschwere Melodien vor allem in der romantischen Musik anvertraut. Auch in der Barockzeit stand die Oboe bei den Komponisten hoch im Kurs. Man denke nur an die mehrfache Besetzung der Sinfonia in Bachs Weihnachtsoratorium.
Hasso Krabbes konnte als Solo-Oboist diese Möglichkeiten im Potsdamer Klangkörper wahrnehmen. Die reiche Palette des sinfonischen Repertoires sowie des Musiktheaters durfte er darbieten. Sein Klang war immer von feiner Musizierkultur und makelloser Technik bestimmt. Gern übertrug man ihm auch solistische Aufgaben. Oboenkonzerte von Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn, Carl Philipp Emanuel Bach oder Ermanno Wolf-Ferrari musizierte Krabbes mit erfrischender Spielfreude. Des Rehbrücker Komponisten Gerhard Rosenfelds Oboenkonzert hob er 1969 erfolgreich aus der Taufe. Mit seinen Bläserkollegen an den ersten Pulten hat er das Potsdamer Bläserquintett gegründet, mit dem er so manche Konzerte im Schlosstheater oder vor Schülern bestritt.
Das 1996 aus dem Theater ausgegliederte Orchester wurde eine GmbH, die Brandenburgische Philharmonie Potsdam. Vier Jahre später wurde sie abgewickelt. Die Auflösung bedeuteten auch für den damals 62-jährigen Hasso Krabbes schmerzliche Monate.
40 Jahre hat er dem musikalischen Leben Potsdams gedient, freudig und engagiert.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: