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Kultur: Abba auf’m Klo

Gelungene Premiere auf dem Theaterschiff

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Vielleicht gelten ja Sanitärwärterinnen als die größten Fans der schwedischen Glitzercombo Abba? Um deren Evergreens zu trällern, gäbe es dann sicher auch keinen besseren Ort als eine Großraumtoilette, in die sie sich unfreiwillig eingesperrt haben. Gar nicht absurd wirkte hingegen der Anklang, den dieses seicht lustige Spektakel beim Publikum fand. Recht erfolgreich also feierte am Freitagabend das Regiedebüt der Kabarettistin und Moderatorin Tatjana Meissner, die Comedy-Revue „Abba Hallo!“, auf dem ausverkauften Theaterschiff Premiere.

Abba auf dem Abort. Drei Frauen in himbeereisfarbenen Kittelschürzen schwingen etwas tuntig ihr Becken, halten sich Klobürsten vor den Mund und singen ihre deutsche Ulkversion von „S.O.S.“. Alle drei sind langjährige Ensemblemitglieder des Theaterschiffs, mit denen das von dem Mannheimer Schauspieler Markus Beisel geschriebene Stück als Comedy-Revue inszeniert worden ist. Da ist die von Constanze Jungnickel gespielte Sophie, die ältere, ständig mürrisch motzende Chefin des Putztrios, die sich vornehmlich mit der sich als Männerschwarm gebenden Babs streitet, einer muskulösen Travestiefigur im knappen Kleidchen, gespielt von Norman Jahnke. Abgerundet wird dieses textsichere Gekeife durch Manuela Weirauch, die als Rosi in der obligatorischen Rolle des Dummchens mit Herz überzeugte und genauso wie ihre beiden Kolleginnen, auf ihre Art sehr einnehmend sein konnte.

Nachdem sich die drei auf der Flucht vor Babs’ italienischen Liebhaber auf der Toilette eingeschlossen haben und der Schlüssel abgebrochen ist, wird es noch unsinniger, als sich ausgerechnet in einer verstopften Toilette eine Schatzkarte der Mafia anfindet, die später zu einem Bündel Banknoten führt. Doch schien die hanebüchene Grundsituation ohnehin nur Beiwerk, die Handlung allein nur auf die neu interpretierten, mal solo, mal im Chor gesungen Abba-Songs wie „The Winner takes it all“ oder „Dancing Queen“ zugeschnitten zu sein. Denn erst im steten Wechsel vom Sketchhaften zur Musikkomödie offenbarte sich, dass die drei grundverschiedenen, zankenden Charaktere das ewige Pech bei den Männern eint.

Diese Tragik besang Baps im Rotlicht zu Akkordeonklängen genauso wie Rosi in Backfischpose oder die mit Schleiern aus Klopapier umwickelte Spontandiva Sophie. Indes den Dialogen fehlte es oftmals an Esprit, den allesamt im Zwischenmenschlichen angesiedelten Zoten und Kalauern an überraschender Frechheit. Requisiten, wie Sophies Blutdruckmesser, konnten da rätselhaft bleiben und die geheimnisvolle Befreiung aus der Notlage getrost auf sich warten lassen. Klar im Vordergrund standen die Abba-Melodien, die Lieder, die Revue. Freilich, allzu schön war der Gesang nicht immer, doch mochte gerade diese vokale Magerkeit die vergnügliche Karaoke-Stimmung erklären, die sich da unter Deck, an Bord des Theaterschiffs, unter den knapp 100, am Ende mitklatschenden Gästen verbreitete.

Es ist ja auch immer ein gutes Zeichen, wenn ein Premierenpublikum nach zwei Stunden für seinen warmen, anhaltenden Beifall mit einer Zugabe belohnt wird. Auch wenn noch nicht alles sitzt, manche Einzelszenen zu träge und lange um sich selbst kreisen und die harmlose, leichte Witzigkeit bisweilen an den Kessel Buntes erinnert, lässt sich doch erahnen, dass es sich um kein kurzlebiges Projekt handelt. Das Abba-Ensemble wird mit dieser Revue nicht nur auf dem Theaterschiff präsent sein, sondern will auch über die Grenzen Brandenburgs hinaus sein amüsierwilliges Publikum finden. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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